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Kulturtickets, Kulturloge

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Politik, wörtlich! on 10. Dezember 2013 at 19:33

Am 11. Dezember 2013 haben wir in der Stadtbürgerschaft eine Große Anfrage der CDU zu den Erfahrungen mit dem „Bremer (Sozial-) Kulturticket“ debattiert:

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

– ich bekenne und gestehe: Ich war immer ein bisschen skeptisch, was dieses Kulturticket als staatliches Angebot angeht. Bremen hat ja eine ganze Reihe etablierter, auch äußerst effektiver inklusiver Kulturangebote, die niedrigschwellig kulturelle Teilhabe ermöglichen: Das fängt erst einmal beim moks-Theater an, dessen Schulvorstellungen nach wir vor kostenlos für die Schülerinnen und Schüler sind – und das hört bei den fürs Publikum kostenlosen Kulturfestivals und Kulturfesten mit oft hochkarätiger Besetzung nicht auf. Auch die Eintrittsprese für Kultur und Unterhaltung in Bremen sind verhältnismäßig moderat – überregionale Veranstaltungs- und Künstleragenturen wissen davon Lieder zu singen.

Das Kulturticket kann bestimmte Veranstaltungsarten zugänglich zu machen für Menschen, die Transferleistungen erhalten. Insofern ist es eine Ergänzung zur Teilhabe und Zugänglichkeit zur Kultur. Aber – weil es ein staatliches Angebot ist, geht das nicht ohne Einschränkungen und vor allem nicht Regeln, nicht ohne Nachweise, auch nicht ohne Werbung. Der Aufwand und die Kosten sind in der Antwort des Senats ja auch offen angesprochen – ihre Grenzen auch. Und wo Regeln nötig sind, ziehen sie neue Regeln nach sich und das macht es dann kompliziert: Wo ein Hürde weggenommen werden soll, steht zack eine neue.

Aber: Dennoch war und ist es richtig, das Kulturticket einzuführen und auszuprobieren – weil das auch die Sinne geschärft und neue, weitere Ideen in Gang gebracht hat, was die kulturelle Teilhabe angeht! – Bei den Einrichtungen, bei den Veranstaltern und Künstlern.

Die Antwort zählt da ja viele Beispiele auf:  Die Hochschule für Künste oder die Kammerphilharmonie, die den bürokratischen Weg umgehen und die Menschen einfach in ihre Konzerte reinlassen. Auch das Bremer Theater und die Schwankhalle haben inzwischen alle ihre Veranstaltungen fürs Kulturticket geöffnet – auch im Vorverkauf, nicht als reines Restkartenangebot. In den Museen oder auch im Lagerhaus gibt es traditionell oft sehr günstige Tickets – und vor allem auch im Bildungsbereich sind viele Veranstaltungen ohnehin eintrittsfrei. Manche Einrichtungen reagieren in der eigenen Preisgestaltung auf die Herausforderung, möglichst unkompliziert für alle Einkommens- und Bevölkerungsgruppen offen zu sein: Das Bremer Theater bietet ganz stark verbilligte Schüler- und Studententickets an und bietet Schulklassen aus wirtschaftlich benachteiligten Stadtteilen über das Projekt „Klassen los!“ einen kostenlosen Vorstellungsbesuch an. In der Schwankhalle können Zuschauer ihren Eintrittspreis inzwischen frei wählen – das kennt man von der taz: Der Solipreis subventioniert das ermäßige Abo. – Das alles sind auch Effekte des Kulturtickets!

Ich kenne aus alten Theaterzeiten noch den Regieassistenten-Code am Einlass für den niedrigschwelligen Besuch: „Die gehören zu mir“ sagte man als Mitarbeiter – und dann war drin, wer rein sollte. Und auch heute wird vielfach und einfach der Zugang ermöglicht, das steht in der Senatsantwort etwas vorsichtiger – über Mitarbeiterkarten zum Beispiel oder ganz einfach über Freikarten. – Das hat übrigens in den Einrichtungen einen ganz einfachen Grund: Einer Veranstaltungsagentur bei der Abrechnung eine Kollegenkarte oder ein paar Freikarten mehr anzugeben ist einfacher und vermittelbarer, als Künstlern oder Agenturen aus München oder Stockholm einen Eintrittspreis von 3 Euro und das System Kulturticket zu erklären.

Eine große, die wichtigste Herausforderung bei der Zugänglichkeit von Veranstaltungen ist für uns Grüne, dass kulturelle Teilhabe auch wirklich Teilhabe am sozialen Leben ist: Und das gilt nicht nur für Transferleistungsempfänger, sondern muss auch für Niedrigverdiener ohne Transfer- und Sozialleistungs-Nachweis gelten! Für uns alle gehört zum kulturellen Leben und Erleben meistens eine Begleitung dazu – wenige gehen ja immer alleine ins Konzert oder ins Theater. Da kann es nicht nur um Restkarten für nicht ausverkaufte Lesungen gehen – Teilhabe ist, wenn jemand auch Werder Bremen mit erleben kann, große Oper, Udo Jürgens und Helene Fischer, aktuelles Kino – oder aktuelle Literatur: Warum sollten wir wirtschaftlich schlechter gestellten Menschen den Mainstream und können wir ihnen wirtschaftlich erfolgreiche Kultur versagen? Teilhabe heißt ja dabei sein, mittendrin, auch mitreden. Deshalb sind nicht zuletzt auch noch die klassischen Freikarten-Verlosungen in den Printmedien und den Radiosendern so beliebt.

Aber, wie gesagt: Ein staatlich organisiertes Kulturticket hat seine organisatorischen Grenzen und kann nicht alle Menschen erreichen und nicht jedes Kulturangebot abdecken. Die private Kultur- und Veranstaltungswirtschaft ist vom Kulturressort nur begrenzt erreichbar und steuerbar.

Wichtig wäre, alle die genannten Beispiele – und es gibt ja viel mehr – gebündelt zu kommunzieren. Das Internetportal „Bremen für lau“ hat das bis vor wenigen Wochen ganz vorbildlich – und ehrenamtlich – gemacht und Tag für Tag kostenlose Termine, Kartenverlosungen und eigens recherchierte und verhandelte Angebote gesammelt und redaktionell aufbereitet. Leider hat der Betreiber das jetzt gerade aufgegeben. Es wäre schön, wenn es sowas wieder und weiter gäbe!

In vielen deutschen Großstädten gibt es die so genannten „Kulturlogen“ – ehrenamtliche Initiativen, den Lebensmittel-Tafeln ähnlich, die kostenlose Tickets sammeln und an ihre Klienten je nach deren Interessensgebieten verteilen – oder ihnen auch mal gezielt Eintrittskarten besorgen: Und zwar immer zwei! Für Geringverdiener, für Transferleistungsempfänger – und für Partner die sie begleiten; damit sie jemanden mitnehmen, auch mal jemanden einladen können!

Eine Kulturloge gibt es in Bremen noch nicht. Vielleicht ist die Debatte hier heute ein Anlass, so etwas anzustoßen – vielleicht auch aus dem Kreis von uns Abgeordneten hier in der Bürgerschaft?  Das würde mich freuen. Damit könnten wir das Kulturticket – neben den vielen anderen Maßnahmen- gemeinsam mit der Kulturszene und Kulturwirtschaft noch weiter sinnvoll ergänzen. – Und auch für diese Idee hat es das „Kulturticket“ gebraucht!
– Vielen Dank.

Vorbei. Verpasst.

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Kunst, Medien, Werner on 8. Mai 2011 at 09:08

Nachwort zum Verschwinden einer Homepage.
Vorwort zu Schnipseln und einem Buch, die sie retten.
(ungekürzte Fassung)

Vorbei. Verpasst. Das kann man sich ja kaum noch vorstellen. Haben wir zu viele Worte oder Bilder geschrieben, mögen wir uns im schönen Materialwust nicht entscheiden, gibt’s „den ganzen Text“, „alle Bilder, alle Infos“ oder „das Projekt komplett“ eben „online“. Da steht es dann rum – man kann sich noch mal wehmütig erinnern, wie schön das alles beim Machen war, wie lebendig beim ersten Zeigen, wie wichtig für diese geschäftliche Entscheidung neulich oder jenen persönlichen Schritt damals.
Aus dem eben noch wild visionierenden, utopisierenden und streitenden Blog wird mit drei Klicks ein „Archiv“.

Kommen unsere Eltern mit Tüten voll Zeitungsartikeln, Flyern, Fahr- und Eintrittskarten, schmunzeln wir leicht genervt.
Beim Kind lächle ich gerührt, dass die Werbekarte mit Lenis Mama drauf, die Muschel aus Rantum, zwei mal 5 Cent und ein kaputtes Blümchenportemonnaie auf ewig zusammengehören und bleiben.

Früher haben wir Postkarten gesammelt und Aufkleber und Buttons und Fotos und Artikel und Flyer, erst in Kisten, dann in Schränken, dann in Räumen und dann alles dem Staatsarchiv in verantwortungsvolle Hände übergeben. Heute speichern wirs ab in einem merkwürdigen Zwiespalt: Wo „alles“ gesichert ist, soll „nichts“ vergessen werden. Aber wo nichts vergessen wird, bleibt wenig Raum für Erinnerung.

Im Datenraum rutscht nichts nach unten oder hinten, vergilbt oder verstaubt nichts. Aber es wird/bleibt auch nichts wichtiger als das andere. Neulich war meine erste Homepage noch da, dann entfernte sie sich aus dem HTML-Leben und war nur noch Code – immerhin. Eben gerade habe ich nachgeguckt: weg, ganz. Glaube ich.

Während das Festhalten, persönliches Markieren und intuitives Sortieren schon schwierig sind, geht die Verknüpfung mit Gefühlen gleich ganz schief. Datenträgerarchive sind ja noch noch viel toter, unsichtbarer und unwirtlicher als muffige-kühle, abgelegene und mies beleuchtete Staats- und Unternehmensarchive oder private Lager.
Meine Projekte-CD-Sammlung sieht nur scheiße aus, schrabbelig, und ob die Daten noch lesbar sind, will ich lieber gar nicht so genau wissen, da sitzt man sonst wieder tagelang frustriert und übernächtigt am Rechner und ärgert sich.
Meine kindliche Postkartensammlung riecht heute noch nach burti-Waschmittel, wegen eines dämlichen Experiments. Aber sitze ich mit Rückenschmerzen da mittendrin, spüre ich die Wichtigkeit, den Anlass, die Aufregung zu jeder einzelnen Karte – von Opa im Skiurlaub bis zu meiner ersten Freundin, auf dem anderen Kontinent. Das Pixi-Entenbuch hilft mit dem Zoo-Ticket zusammen der Erinnerung auf die Sprünge – auch an meine blöde Schwester, die die vorletzte Seite zerfetzt hat, worauf ich sie auf den Balkon … und so weiter. Alles noch da und verknüpft in Hirn und Herz. Aber Vieles ist und bleibt weg und das ist auch gut so.

Wenn Giraffentoast seine Homepage – das öffentliche digitale Gedächtnis der Firma – jetzt zurück in die Wirklichkeit rettet, ist das konsequent und steht für Eure Liebe in den Produkten, soziale Haltung zu den Projekten. Für das Primat der Inhalte und Gedanken und Gefühle, aus denen sie gemacht sind. Jetzt leben sie weiter an Pinnwänden und in Schubladen, in Mappen und Schachteln, hinter den Spiegeln in den Hinterhöfen, Hinterzimmern und Hinterköpfen – haben Platz und Raum geschaffen für Neues und Nachfolger auf www.giraffentoast.de. Und sie sind als Geschenke unterwegs zurück ins wirklich wahre Leben: Als Ideendünger und Impulsgeber, als Bastelelemente und Erinnerungen an schöne Momente, gute Arbeit. Welcome back!
Es lebe die Wiederverwertung! Und es lebe die Unvollständigkeit!

Hoffentlich scheitert dieses Buch also auch ein bisschen: Weil man nicht alles festhalten kann, weil das auch nicht gut wäre. Es soll mindestens so viel Anstöße. Wie es festhält im Hier und Jetzt. Wir brauchen ja viel mehr Platz und Zeit und Hirn für Neues!

Zum deconstruct–Buchprojekt von Giraffentoast

Kunden, die diesen Artikel gekauft haben: Von Bienen und Blumen und Schwänzeltänzen und Schwarmintelligenzen

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Medien, Welt, Werner on 11. Februar 2008 at 23:07

Über die Honigbiene konnte der legendäre Bienendompteur und Nobelpreisträger Karl von Frisch Bände füllen. Und auf einer tunesischen Ferieninsel lernt ein junger Schriftsteller den Jesuiten Joseph Kuklinsky kennen, der sich als Mitglied einer Ethikkommission vorstellt und den jungen Mann in philosophische, teils seltsam indiskrete Gespräche verwickelt.
<< Der letzte Satz gehört zum Klappentext von Matthias Hirths schönem Roman „Angenehm“, gerade im schönen Blumenbar-Verlag erschienen: „Nach kurzer Zeit bietet er ihm an, für einen hohen Geldbetrag Geschichten zu schreiben, über deren Inhalt er frei entscheiden kann, aber: Erklären Sie jemandem den Menschen, der den Menschen nicht kennt.“ Der Wirtschafts- und Wisschenschaftkrimi dreht sich um künstliche Intelligenz, Bewusstsein und Poesie.
<< Der erste Satz dieser Kolumne hingegen stammt aus der FAZ-Besprechung eines Hörbuchs von Jürgen Tautz, Verhaltensforscher der weltweit bekannten BeeGroup der Universität Würzburg: „Der Bien“ aus dem supposé-Verlag.

Zusammengebracht haben diese Produkte „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben“, denn die „… kauften auch …“ – bei Amazon im Internet.

Man kann so Entdeckungen machen, von denen man nie zu träumen wagte: „Das dritt- wichtigste Haustier des Menschen nach Rind und Schwein“ begeistert mit Gelée- Royal-Designfood und „wabenbauenden Handwerkern, die ihre Ziegel selber ausschwitzen“. Ihr „Superorganismus“, „der Bien“ eben, arbeitet höchst ökonomisch und vorbildlich für uns Menschenkinder an Wärmetechnik, Arbeitsteilung, komplexen Kommunikationstechniken und Schwänzeltänzen. Womit wir bei deren Entdecker und Übersetzer, besagtem Karl von Frisch, wären: Auch fünf seiner Tonband- und Radiovorträge aus den Jahren 1953 bis 1962 haben den Weg vom Deutschen Rundfunkarchiv in ein Hörbuch des supposé-Verlags gefunden: „Die Tanzsprache der Bienen“.

„Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften …“ übrigens auch das Werk „Ökologisch Imkern“ oder den Kalender „Phänomen Honigbiene 2008“. Nunja, der Weg zur Biena Maja und ihrem Freund Willi ist sicher auch nicht weit. Aber bei aller Liebe zu Tanzkunst und Poesie – ein eigeninitiativer Klick zurück zu den Kunden von Matthias Hirths Erziehungsroman „Angenehm“ katapultiert ins Verlagsprogramm von Blumenbar – das aktuell „K1 – das Bilderbuch der Kommune“ präsentiert: Uschi Obermaier, Rainer Langhans … Moment: Hat uns hierher jetzt die künstliche Intelligenz der Amazonrechner gelockt, der schlichte Zeitgeist – oder haben uns an diese Blumenbar standesgemäß instinktsichere Bienen geführt?

Die Minute mit Paul McCartney

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Uncategorized on 3. August 2006 at 08:18

Carsten Werner empfiehlt: Die Minute mit Paul McCartney

Das will ich genauer hören: Am 9. März 1967, einen Monat vor meiner Geburt, im Londoner Regent’s Park: Ein Ball, ein Hund, ein Beatle, zwei junge Männer und sieben Mädchen. Und irgendwo anders in London nehmen die jungen „Beatles“ „Getting better“ auf, für ihr später legendäres Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“. Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius als Autor und die Regisseurin Christiane Ohaus haben ein Memory für die Ohren gebaut: „Die Minute mit Paul McCartney“. Ein Hörspiel über wundersame Berührungen und Begegnungen, immer wieder anders beleuchtet – ein Spiel mit wechselnden Perspektiven und schönen Varianten. Radio Bremen präsentiert das Hörkunstwerk am Freitag um 22.05 Uhr als Ursendung im Nordwestradio. In exquisiter Besetzung spielen Gabi Schmeide, Bernhard Schütz, Dietmar Mues, Wolfgang Kraßnitzer und einige Schauspielstars mehr 25 Memo-Arien, die mit Hilfe des Musikers Michael Riessler zu einem facettenreichen Fächer von Stil- und Tonarten der Hörkunst, von literarischen Kompositionen, Satz- und Wortspielen geworden sind. Klingt spannend.

Apropos exquisites Spiel: In diesen Sommertagen weckt ein Neu-Hippie meine Lust auf Kunstgenuss. Wie Johnny Depp sich als lebendes Gesamtkunstwerk sowohl durch Arthouse-Filme als auch durch den Sommer-Blockbuster „Fluch der Karibik 2“ performt, das muss man sich gerade auch als Theatermacher mal genauer angucken: Der Mann ist ja so was wie sein eigenes Theater, mitten im Film. Also widme ich mich in einer verregneten Sommernacht an diesem Wochenende auch mal Captain Jack Sparrow, seinen Piraten und Nachwuchstalent Keira Knightley.

Freitag, 22.05 Uhr, Nordwestradio

3.8.2006 taz Nord Nr. 8038 Bremen Aktuell 63 Zeilen, Carsten Werner S. 22
Rezension

Schöne Namen

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Uncategorized on 8. April 2006 at 11:13

Carsten Werner empfiehlt: Schöne Namen

Ich gebe zu: Hat ein Buch einen schönen Titel, wandert es auf den Lesestapel. Der wunderbar versponnene Glückssucher-Roman „Die Verlängerung des Markts in den Abend hinein“ von Hans-Peter Kunisch aus dem Verlag mit dem schönsten Namen: Blumenbar! Daneben Sarah Kuttners „Das oblatendünne Eis des halben Zweidrittelwissens“ mit klugen Kolumnen. Apropos kluge Frauen, schöne Titel: Juli Zeh erklärt, dass Demokratie nicht ohne Nebenwirkungen klappt und wie Sprache, Liebe, Pop und Recht funktionieren, „Alles auf dem Rasen“. Namen sind Kaufargumente. Was also diese Woche in Bremen tun? Sandy Dillon klingt nach einem melodiösen Individuum, Sinnlichkeit und undergroundigem Blues. Sie gilt als „weibliche Tom Waits“ und hört sich auch so an. Im Sendesaal von Radio Bremen trifft sie am Mittwoch den Frontmann der Briten „Alabama 3“. Auch sein Name verspricht einiges: Robert Love. Am Montag gastiert im Römer eine Grand Dame der Riot Girls mit Countryfolk und Rock-Prachtstücken. Sie klingt ein bisschen wie Nancy Sinatra, nennt sich aber: Holly Golightly. Und heißt wirklich so. Der Namenstrick klappt nicht immer: „Schrottgrenze“ ist kein schöner Name, Davor steht man im Kulturleben zu oft zu dicht. Aber sie machen schöne Musik und Lieder wie „Eine Stadt aus Klebstoff“. Donnerstag im Römer. Ihre neue CD haben sie „Château Schrottgrenze“ betitelt. Schön.
CARSTEN WERNER ist freier
Produzent und Regisseur

8.4.2006 taz Nord Nr. 7943 Bremen Aktuell 54 Zeilen, CARSTEN WERNER S. 31
Rezension * nur in taz-Teilauflage