carsten werners

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Die Kunst des Aufhörens

In Ideenwirtschaft, Kunst, wörtlich! on 10. Mai 2014 at 20:12

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Dieser Artikel ist ein Beitrag zu der Publikation „Brennen ohne Kohle“ der Böll-Stiftung, die hier bestellt oder als E-Book heruntergeladen werden kann. 

 

 

 

Wie schließen?

Mich nerven Leute, die aus Angst stehengeblieben sind,
obwohl sich die Welt um sie herum längst verändert hat.

(Peter Zadek)

Die anmaßende, überhebliche, unsinnliche und oberlehrerhaft arrogante Tonlage der «Kulturinfarkt»-Anstifter hat die Frage für Jahre frisch zum Tabu betoniert: «Wie schließen?» Ein kulturpolitisches No-Go also. Die Debatte wurde gar nicht erst politisch – sondern abgedrängt ins Feuilleton und entsprechend hysterisch, schrill und erratisch verhandelt; so gab es auf eine richtige Fragestellung nur vielzuviele vorlaute, vorschnelle Antworten, Geschrei; Tenor: Wir lassen alles so, wie es ist. Weil, so war es schon immer. Kulturfeinde! Freiheitsfeinde! Und: «Et hätt noch immer jot jejange!» (Wie man in Köln sagt.)

Kurz vorher noch hatten wir uns und der Kultur kühn in den rot-grünen Bremer Koalitionsvertrag geschrieben: «‹Altes› muss sich verändern und ‹Neues› muss in einer sich wandelnden Gesellschaft Räume und Ressourcen erobern können. Gerade auch zeitlich befristete Projekte können erhebliche Impulse für die Kultur- und Stadtentwicklung geben, ohne institutionalisiert werden zu müssen» – durchaus im Bewusstsein, dass solche Ermöglichung, Erneuerung nicht ohne Einschränkung geht. «Wie schließen?» wollten wir schon da lieber nicht fragen. Denn es können Mauern und Ideologien zusammenbrechen, Berufe vergehen und Wirtschaftszweige – in der Kulturförderung ist ein Schluss tabu.

Seit den 1970er Jahren bis heute boomt die Kultur in Deutschland – wo noch vor 40 Jahren pro Stadt 1–2 Theater, 1–2 Museen und 1–2 Bibliotheken die kulturelle Grundversorgung leisteten, sind ganze Industriezweige wie die Kreativwirtschaft mit Pop-, Medien- und Netzkultur hinzugewachsen, kulturelle Aufgaben und Beschäftigungsfelder wie die kulturelle Bildung und die integrierte Stadtentwicklung neu entstanden. Und vor allem ist eine Freie Szene erst entstanden und dann kontinuierlich gewachsen – in (zunächst) außerinstitutioneller Opposition zu den «Einrichtungen», eng verbunden mit der Entwicklung der Grünen und ihrer Themen übrigens: Freie Kultur kümmerte sich um Kindererziehung und sexuelle Aufklärung, um Ökologie und gesunde Ernährung, um Inklusion und Integration schon, als es die Begriffe dafür kaum gab. Freie Theater fanden (meistens) Worte und (nicht immer) Bilder für das, was irgendwie neu, kompliziert oder noch «heikel» war.

Wofür Lehrerinnen und Lehrern Worte oder Unterrichtsmaterial noch fehlten, machten irgendwo zwischen politischer Mission und Ehrenamt künstlerische Autodidakten «vermittelbar». Andererseits ging man auf die Straßen, probierte und provo zierte mit «unsichtbarem Theater». André Heller popularisierte und verknüpfte mit der künstlerischen Avantgarde der 1980er Jahre (und der Illustrierten Neue Revue) in der riesigen Park-Installation «Luna Luna» bildende Kunst und Clownstheater; Comedyfiguren wie Marlene Jaschke und der Biedermann «Herr Holm» erblickten dort das Licht der Welt. Aus diesen beiden Richtungen – institutionelle Opposition und kulturelle Avantgarde – entwickelten sich für die Theaterszene lukrative Märkte: Theater als pädagogische Funktion einerseits, Kleinkunst und Comedy andererseits.

Und so haben sie immer weitergemacht: Die Theaterspieler/innen spielen weiter, auch viele der Lehrer/innen unterrichten heute noch, die entstandenen Unterhaltungstheater sind erfolgreiche Touristenmagneten, ihre Protagonisten Fernseh-Mainstream. Sie haben (bis auf die Lehrer/innen) lange dafür kämpfen müssen: um Anerkennung in der Kulturwelt und ihrer erst entstandenen Berufe, um Gagen überhaupt, dann um Fördergeld und später auch um bauliche Institutionalisierung, zwischendurch immer wieder gegen wirtschaftliche Krisen und Unsicherheiten.

So wurden Lebenswerke daraus. Die gibt man nicht auf.

Dabei könnte das in – jetzt erst? – zeitgemäße eigene Strukturen führen: Genossenschaftsmodelle, Grundeinkommens-Versuche, Sharing nicht nur von Besitz, sondern auch von Ressourcen im Sinne einer Almende: In der Peripherie der «Freien» könnte erprobt werden, was in den Diskursen der regionalen, ökonomischen und intellektuellen Zirkel und Zentren längst wieder gedacht und behauptet wird. Welches Label, welche Formation der Freien Szene kommt eigentlich heute noch aus dem ländlichen Raum – arbeitet dort, kommt dort in Ruhe, mit Muße und Mut zu neuen Ideen? Auch da kam die «Freie Szene» mal her.

«Back to the roots», von den Ahnen lernen: Man müsste dazu die schnelle Aufmerksamkeit der Großstädte aufgeben, den dort so nahen, scheinbar greifbaren Erfolg. Aussteigen, raus ins Offene.

Stattdessen haben sich in der deutschen Theaterlandschaft Parallelwelten in Strukturen verfestigt, die Künstler und Künstlerinnen mit Missionen verdrängen oder erschöpfen. Der Nachwuchs betreibt Nachahmung von Funktionen, Nachbildung von Ästhetik. Die Stadt- und Staatstheater mitsamt ihrer Ausbildungsinstitute, Medienpartner und ihrem Publikumsabonnement verharren neben den «Freien», die auch lange schon nicht mehr so frei sind: Henning Fülle beschrieb beim «Impulse»-Festival 2012 ein «Parallelsystem der freien Theaterproduktion, das neben Künstlern und Künstlergruppen auch die Produktionshäuser, die Landesverbände und den Bundesverband der Freien Theater umfasst; das von kommunalen, Landes- und Bundes-Förderstrukturen getragen wird, dem eigene Festivals gewidmet sind und in denen die künstlerische performative und Theateravantgarde funktionieren kann. Dieses Paralleluniversum ist international orientiert und hat inzwischen auch Anschluss an die internationalen Entwicklungen der zeitgenössischen Theaterkunst gefunden.»

Diese Gegenbewegung holte für den deutschsprachigen Raum nach, was das rein literarische Bildungstheater an ästhetischen Entwicklungen der vorhergehenden Jahrzehnte in England und Amerika, Ost- und Südeuropa verpasst hatte: Mitte der 1980er Jahre fieberten wir auf Kampnagel beim Sommerfestival oder in den ersten Festivals «Politik im Freien Theater» für ein anderes Theater: politisch wirksam und aufklärerisch, ästhetisch innovativ, international. Endlich oben!

Viele «Freie» haben dabei etwas für Kunst Konstitutives ver- oder gar nicht erst gelernt: das Neuanfangen. Dem ja in der Regel ein Ende vorausgehen muss – hat doch jede und jeder von uns Hermann Hesses Ehrentags-Evergreen zur Konfirmation, zum Ende der Kindheit, zum Schulschluss, zur ersten Trauerfeier noch im Ohr – oder als Postkarte hinterm Spiegel klemmen, seine «Stufen»:
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Bloß wie kommt man auf die Höhe so eines erhebenden Endes? Das hatten und haben die etablierten Häuser den «Freien» voraus: das Aufhörenkönnen. Das fällt leichter, wenn man mal raus- und weitergehen kann, ohne dass alles zusammenbricht – und wieder rein, ohne «alles» erst erfinden zu müssen. Den Traditionen, Intendanten-Verträgen und dem Normalvertrag Solo sei Dank! (Sie machen eine urgrüne Idee weiterhin produktiv: die Rotation, den Stellungswechsel, den Rollentausch und Perspektivenwechsel als Voraussetzung für echte, innovative Kreativität.) Wenn von uns Freien doch mal jemand (s)ein «Haus» geschlossen hat, dann aus schierer Not, unter Zwang – oder um damit vergrößert, optimiert und instituionalisiert («professionalisiert»!) Wiederauferstehung zu feiern. Endlich wie die vielgeschmähten «Tanker»: manifest, immobil, unverrückbar da.

Aber immer noch ohne Vertrag, geschweige denn Tarifvertrag. Neben wenigen erfolgreichen Gruppen, Künstlern und «Marken» und einigen wenigen Produktionshäusern haben die Leistungen und Wirkungen der Freien Szenen aber die Aufstellung und Finanzierung der kulturellen Landschaft nur seltsam wenig geprägt. Während in der Bildungspolitik die Reformen kaum noch zählbar sind oder die Bauleitplanung längst von einer sozial bewegten integrierten Stadtentwicklung abgelöst wurde, während ökologisches Leben aus erneuerbaren Energien zum Mainstream wurde, sich weltpolitische Blöcke verschoben und globale Migration in Gang gesetzt haben, während also «Modernisierungsimpulse der Siebziger- und Achtzigerjahre zu ziemlich nachhaltigen Veränderungen der Mainstream- Strukturen geführt haben» (Fülle), während gerade dieser Tage eine SPD(!)-Umwelt(!)-Bundesministerin Public Viewing zur Erleichterung öffentlichen Grölens zum Sport (nicht zu einer Kultur!) erklärt – währenddessen ist die Theaterwelt resistent gegen grundlegende Entwicklung geblieben: Man konnte einfach nicht aufhören. Und ergo nicht neu anfangen.

Erobert und geblieben – wenn man die Ableger und Ausgründungen in Unterhaltungsgeschäft und Medienbetrieb außer Acht lässt, was ein Fehler sein könnte – ist für die Freien Theater ein Nischendasein mit spartanischer Förderung und prekären Arbeits- und Lebensbedingungen – verspartet und eingehegt als das per se «Neue» und/oder «Freie». Was in dieser Parallelwelt aber fehlt, ist eine Erfahrung des Aufhörens, die so wichtig wäre,
denn traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
(auch das sagte schon Hesse ;-) )

Doch für die Politik, zumal für die Grünen, ist «Freies» Theater per se gut (geblieben): Wenn es sich (irgendwie) mit kultureller Bildung verknüpft, wenn es (irgendwie; z.B. volkstheatrig oder comedymäßig) «neue Schichten erschließt», dann kann und darf das nicht falsch sein. Und am «Großen Theater» kann man nichts verändern: Wir haben uns, auch kulturpolitisch, an die Parallelwelten gewöhnt – und freuen uns irre, wenn sie sich mal begegnen, berühren, betasten oder zaghaft befruchten. Wer mehr will, erntet Protest: Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, meint zu Recht, dass heutige und künftige «Autoren des Theaters» die Regisseur/innen und Producer seien – und schafft den traditionellen «Stückemarkt» des Berliner Theatertreffens ab. Genauer: Er ersetzt die Suche nach immer neuen «Dramentexten» durch die Präsentation innovativer, integrierter Theaterforschungsarbeit. Er will etwas Altes aufgeben und etwas Neues machen. Es darf uns künstlerisch und kulturpolitisch nicht reichen, dass vor über dreißig Jahren Roberto Ciulli in Mühlheim mit seinem «Theater an der Ruhr» eine Strukturdebatte angestoßen hat: «Im Kern geht es um die Frage, wie Theaterarbeit künstlerisch und ökonomisch sinnvoll zu strukturieren ist, ob und wie die vorhandenen, tradierten Theaterstrukturen zu verändern sind. […] Die Frage nach der Struktur eines Systems ist aber die Frage nach seinem inneren Wesen, denn jede Struktur begrenzt und beschränkt die Möglichkeiten und die Fähigkeit mit dem System Welt zu kommunizieren.» Eine Idee muss die Struktur bestimmen, nicht immer wieder umgekehrt.

Ciulli hat die Idee des Reisens, die Migration und damit «einen weiterreichenden Dialog der Kulturen» zu seiner strukturbildenden Idee gemacht: «Die Bewegung, das Nichtverharren an einem Ort fordert Flexibilität und die Fähigkeit zur Improvisation und trägt wesentlich zur Finanzierung des Theaters bei», beschreibt er sein Theatermodell knapp auf seiner Homepage. Shermin Langhoffs Neuanfang am Berliner Maxim-Gorki-Theater macht jetzt wieder solche Hoffnung – und die, dass es nicht wieder für 34 Jahre die einzige Individualisierung einer relevanten «großen» Einrichtung bleibt, erwachsen aus einer kleineren, dem Ballhaus Naunynstraße.

Es mag der Fluch der Flüchtigkeit ihrer Kunst sein, der gerade Theatermenschen das Abgeben, Verwerfen und Neustarten ihrer Strukturen und Lieblingsideen so schwer macht, dass gerade im «Freien» Theater kaum ein Leitungswechsel ohne Not, Krise oder Kleinkrieg möglich scheint. Man ist halt wohl nie fertig? Ähnlich ist es in der Soziokultur. Aber es wäre so viel zu probieren und zu gewinnen, wenn mehr Verantwortliche wagen würden, irgendwomit aufzuhören und wirklich Neues zu beginnen: Ideen von einer Zukunft.

Warum gibt es immer noch kein/kaum Theater im digitalen Raum? Herbert Fritsch hat hier, mit Hamlet X und Elf Onkels, Pionierarbeiten geleistet. René Pollesch hat vor bald 20 Jahren im «Kleinen Fernsehspiel» des ZDF mit «Ich schneide schneller (soap)» TV-Theater gemacht – ob als ästhetische Form, Stoffentwicklung, zeitgemäße Hybridform oder Koproduktionsweise: Warum hat das niemand als Aufgabe auf (s)ein «Haus» übertragen? Manches Hörspiel ist heute theatralischer, dramatischer, lebendiger, authentischer als viele Bühnenspiele – warum gibt den Macherinnen niemand (s)ein gefördertes Theater? Der Dokumentarfilmer Andres Veiel hat als Autor und Regisseur seines Theaterstückes «Das Himbeerreich» am Deutschen Theater Berlin über deutsche Banker gesagt: «Ich habe die generelle Erfahrung gemacht, dass es immer schwieriger wird, an den Zentren der Macht dokumentarisch zu arbeiten. Durch zwischengeschaltete PR-Agenturen und durch ein gewachsenes Misstrauen gegenüber jeder Art von Transparenz ist das kaum noch möglich. Wenn es über die reine Selbstdarstellung von Erfolgen hinausgehen soll, wenn Entscheidungen hinterfragt oder wenn Machtzentren transparent gemacht werden sollen – dann merke ich, dass ich mit der Kamera dort nicht mehr reinkomme. […] ‹Das Himbeerreich› wäre dokumentarisch undenkbar gewesen. Niemand, der mit mir gesprochen hat, hätte das auch vor einer Kamera erzählt. Daher also ein Hoch auf das Theater – die Bühne ist genau der richtige Ort für diesen wichtigen Stoff.» Allein aus diesem Hinweis ließe sich mindestens ein weiteres Theater-Produktions-Team und -Haus grundsätzlich neu erfinden!

Die Herausforderungen in der Beziehung zwischen Literatur und Bühne liegen ja tatsächlich nicht darin, immer neue, nach jahrhundertealten Maßstäben «bühnentaugliche» Dialoge zu erfinden – sondern Theater als Format-Angebot für Autoren, als Portal für Wichtiges und Intensives zur Verfügung zu stellen, nutzbar zu machen. Für die, die etwas zu berichten, darzustellen, auszudrücken haben: Wissenschaftler/innen, Journalist/innen, Philosoph/innen, Biograf/innen, Aktivist/innen, Spezialist/innen – und Künstler/innen. Wie und wo, wenn nicht wenigstens im und mit Theater, sollen die unendlich vielen regionalen, sozialen, sprachlichen, fachlichen und globalgesellschaftlich ebenso risiko- wie innovationsträchtigen Parallelwelten miteinander verknüpft, verbunden, gedanklich und bildlich erlebt, sozial und psychologisch gelebt, ihre Soziolekte, Ethnolekte, Dialekte, Programmier- und Fachsprachen verständlich und durchlässig gemacht werden – im szenischen Verstehen, im Bilder-Finden, in direkter und immer interaktiver Live-Kommunikation?

Szenisches Verstehen, empathisches Erleben, eine Differenzierung von Glauben und Wissen, von Meinen, Kommentieren und Klicken sind unter die Räder einer rein sprachlichen, manchmal noch gedruckten, zunehmend digitalisierten Informations- und Wissensvermittlung gekommen. Diese Digitalisierung nicht nur als unhandliches Reklametool für Altes Theater zu verstehen, sondern als eigene Form eines Neuen Theaters, wäre ein weiterer lohnender Anfang. Das große neue digitale Gedächtnis hält genug vom Alten fest.

Es könnte jetzt mal wieder jemand aufhören, sein Lebenswerk und seinen Erbhof zu retten, #Regietheater und #Werktreue zu debattieren – und riskieren, (sich) Raum und Zeit und Hirn und Geld für Neues zu geben und zu nehmen.

Carsten Werner, April 2014

 

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Nachtrag, Herbst 2014:

oder so?

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Für Öffentlich-rechtliches (im) Internet!

In Ideenwirtschaft, Kunst, Medien, Politik, Radio on 19. Juli 2012 at 21:30

„Zeitungsverlage und öffentlich-rechtliche Sender müssen Verbündete werden. Sonst werden sie in den Medien von morgen keine Rolle mehr spielen.“ schreiben Cem Özdemir und Oliver Passek in einem Gastbeitrag für die vom 6. Juli 2012: http://www.taz.de/ffentlich-Rechtliche-und-die-Verlage/!96859/

Ich teile dieses wichtige Bekenntnis zu Qualitätsmedien und dualer Rundfunkfinanzierung. Ich würde es aber auch wichtig finden, dass wir uns als Grüne auch damit auseinandersetzen, ob und wie und welche Alternativen für eigenständige öffentlich-rechtliche Internetangebote denkbar wären. Ob alleine ARD und ZDF dafür qualifiziert sind, kann man ja zumindest fragen: Sie sind aufgrund ihrer Historie, ihrer Strukturen, ihres Personals und ihres Auftrags ja derzeit durchaus limitiert, was Internetprojekte oder -strukturen angeht. Und es wäre schade und verkürzt, die Debatte und ihre Begründung auf neue Vertriebskanäle zu reduzieren: Es geht auch um neue, sich verändernde Kulturtechniken und Formate, um neue Produktionsweisen, Netzwerke sowie Publikationsformate und Präsentationsportale. Und es gibt ernstzunehmende gute Ideen, die ich bei den etablierten öffentlich- rechtlichen Playern jedenfalls für heute nicht in den besten Händen sähe. Strategie und Kommunikation etwa von WDR-Intendantin und ARD-Chefin Monika Piel im Hinblick auf Programmentwicklungen, -entscheidungen und medienpolitische Verhandlungspositionen (vom ARD-Talk-Gastspiel von Thomas Gottschalk über die Auseinandersetzungen über einen ARD-Jugendkanal bis zu den Verhandlungen mit den Verlegern u.a. über die Tagesschau-Apps) schaffen dieses Vertrauen nicht – weil sie eben gerade weder auf Augenhöhe laufen noch mit Blick in die medienkulturelle und -technologische Zukunft stattfinden. Die Chancen, die das Internet für Journalismus, Kunst und Kultur bietet, haben weit mehr verdient als solche genre- und generationenbedingten Miss- und Unverständnisse.

Zwei Beispiele, in welche Richtung(en) es im Internet auch öffentlich-rechtlich gehen könnte, sind z.B. der Vorschlag der AG Dokfilm für ein neues öffentlich-rechtliches Internet-Mediumhier erläutert in einem Interview – oder Julia Seeligers Plädoyer für Digitale Salons – und es gibt noch viele mehr, die ein Nachdenken über besonderen öffentlich-rechtlichen Schutz lohnen und verdienen würden. Auch die Auseinandersetzungen zwischen öffentlichen Bibliotheken und Verlegern um eBooks, Zustand und Aufgabe der Bürgermedien und Offenen Kanäle oder Themen der Wissens- und Kultur-Allmende gehören in diesen Kontext.

Kunden, die diesen Artikel gekauft haben: Von Bienen und Blumen und Schwänzeltänzen und Schwarmintelligenzen

In Ideenwirtschaft, Konsumempfehlung, Medien, Welt, Werner on 11. Februar 2008 at 23:07

Über die Honigbiene konnte der legendäre Bienendompteur und Nobelpreisträger Karl von Frisch Bände füllen. Und auf einer tunesischen Ferieninsel lernt ein junger Schriftsteller den Jesuiten Joseph Kuklinsky kennen, der sich als Mitglied einer Ethikkommission vorstellt und den jungen Mann in philosophische, teils seltsam indiskrete Gespräche verwickelt.
<< Der letzte Satz gehört zum Klappentext von Matthias Hirths schönem Roman „Angenehm“, gerade im schönen Blumenbar-Verlag erschienen: „Nach kurzer Zeit bietet er ihm an, für einen hohen Geldbetrag Geschichten zu schreiben, über deren Inhalt er frei entscheiden kann, aber: Erklären Sie jemandem den Menschen, der den Menschen nicht kennt.“ Der Wirtschafts- und Wisschenschaftkrimi dreht sich um künstliche Intelligenz, Bewusstsein und Poesie.
<< Der erste Satz dieser Kolumne hingegen stammt aus der FAZ-Besprechung eines Hörbuchs von Jürgen Tautz, Verhaltensforscher der weltweit bekannten BeeGroup der Universität Würzburg: „Der Bien“ aus dem supposé-Verlag.

Zusammengebracht haben diese Produkte „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben“, denn die „… kauften auch …“ – bei Amazon im Internet.

Man kann so Entdeckungen machen, von denen man nie zu träumen wagte: „Das dritt- wichtigste Haustier des Menschen nach Rind und Schwein“ begeistert mit Gelée- Royal-Designfood und „wabenbauenden Handwerkern, die ihre Ziegel selber ausschwitzen“. Ihr „Superorganismus“, „der Bien“ eben, arbeitet höchst ökonomisch und vorbildlich für uns Menschenkinder an Wärmetechnik, Arbeitsteilung, komplexen Kommunikationstechniken und Schwänzeltänzen. Womit wir bei deren Entdecker und Übersetzer, besagtem Karl von Frisch, wären: Auch fünf seiner Tonband- und Radiovorträge aus den Jahren 1953 bis 1962 haben den Weg vom Deutschen Rundfunkarchiv in ein Hörbuch des supposé-Verlags gefunden: „Die Tanzsprache der Bienen“.

„Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften …“ übrigens auch das Werk „Ökologisch Imkern“ oder den Kalender „Phänomen Honigbiene 2008“. Nunja, der Weg zur Biena Maja und ihrem Freund Willi ist sicher auch nicht weit. Aber bei aller Liebe zu Tanzkunst und Poesie – ein eigeninitiativer Klick zurück zu den Kunden von Matthias Hirths Erziehungsroman „Angenehm“ katapultiert ins Verlagsprogramm von Blumenbar – das aktuell „K1 – das Bilderbuch der Kommune“ präsentiert: Uschi Obermaier, Rainer Langhans … Moment: Hat uns hierher jetzt die künstliche Intelligenz der Amazonrechner gelockt, der schlichte Zeitgeist – oder haben uns an diese Blumenbar standesgemäß instinktsichere Bienen geführt?

Vision im Ohr

In Kunst, Radio on 13. Juli 2003 at 16:39

Gibsons „Neuromancer“ als Cyber-Oper ohne Sci-Fi-Kitsch

Nicht nur seine Fans sehen in ihm einen Visionär: William Gibson hat vor 20 Jahren in seinem Roman „Neuromancer“ nicht nur das Wort Cyberspace erfunden – er hatte zugleich auch schon eine Ahnung von dem verführerischen Wahn, immer vollinformiert zu sein, sich alles hochladen, updaten, „aus dem Netz saugen“ zu können.

Am Freitag lief der erste Teil von Radio Bremens großem „Neuromancer“-Hörspielprojekt: Es übt keine Zivilisationskritik, umschifft aber auch Sci-Fi-Kitsch und coole Action-Attitüde. Die Cyber-Oper, die Alfred Behrens konzipiert und mit hochspezialisierten Technikern, Musikern und Sprechern realisiert hat, spielt aufs Verwirrendste mit Gibsons visionärem Blick. Sie gibt dem Cyberspace irdischen Raum. Dafür mixt Behrens Alltagssplitter, reportagehaft urbane Töne mit ins Synthetische rutschendem Slang, sodass man hörend immer glaubt, zu verstehen – vor den nächsten Drehungen der absurden Story um Datencowboy Case dann aber doch kapituliert und sich dem Rausch an Sounds hingibt. Case, der Informatiker kann sein Nervensystem per Schnittstelle mit dem World Wide Web verbinden, bis böse Mächte es lahm legen. So irrt er zwischen Hightech und Gosse der Heilung entgegen. Irgendwie alles schon mal gehört. Nur noch nicht so. Der rote Faden ist nicht leicht zu schnappen, aber einmal ins Hörstück reingeraten, macht soviel Ohrsinn richtig Spaß.

Nordwestradio, 88,3 MHz

14.7.2003 taz Bremen Nr. 7103 Kultur 50 Zeilen, S. 23

Panorama für die Nerven

In Kunst, Radio, Welt on 4. Juli 2003 at 23:47

Radio Bremen hat eine Cyberoper produziert. „Neu-Romancer“ ist die ehrgeizigste Produktion des Jahres und erzählt von Nerven-Träumen und virtuellem Wahnsinn

Vor 20 Jahren, im Juli 1983, hat William Gibson auf einer klapprigen Schreibmaschine seinen Roman „Neuromancer“ beendet. Den Erfinder des Wortes „Cyberspace“ – bis vor kurzem erklärter Verweigerer des Internets – katapultierte das Buch zum Kultautor der Science-Fiction-Fans. Das Medium hat ihn eingeholt, unter www.williamgibsonbooks.com schreibt er ein Tagebuch.

Radio Bremens Hörspielabteilung setzt ihm jetzt ein akustisches Denkmal: Der „Neuromancer“ geht nach sechs Jahren Konzeption und Produktion ab 11. Juli als Dreiteiler auf Sendung und erscheint gleichzeitig als Hörbuch. Mit Hörspielchef Holger Rink präsentierte Regisseur Alfred Behrens jetzt seine „bisher größte akustische Herausforderung“ und deren ungewöhnliche Produktionsgeschichte – für Radio Bremen die ehrgeizigste und aufwändigste Produktion des Jahres.

Die Geschichte: Der Datencowboy Case ist am Ende, das Nervensystem von seinen Auftraggebern zerstört. Er erreicht die Matrix des Cyberspace nicht mehr und hält sich mit irdischer Kleinkriminalität und Drogenkonsum im korrupten Tokio über Wasser. Ein Deal verspricht ihm Heilung gegen Datenbeschaffung. Case gerät zwischen konkurrierende künstliche Intelligenzen und driftet in den virtuellen Wahnsinn … – wörtlich bedeutet der unübersetzbare Titel „Neuromancer“ vielleicht Nerven-Träumer.

„Was von Gibsons 20 Jahre alten Visionen hat sich realisiert, was ist Science Fiction geblieben?“, fragt sich Rink. „Wir haben ja heute emotional verarmte Leute mit bedenklich begrenzten Beziehungsmöglichkeiten.“ Und Behrens hat für diesen Übergriff der Technik auf die Nerven ein akustisches Panorama geschaffen: Ständig verpasst man was, will einer Stimme nachgehen, mehr hören – und verliert den Faden, stolpert über Soundbrocken, wird durch Piepser, Töne, Klingeleien irritiert.

Eine „ganz realistische akustische Verortung“ ermöglichten Alfred Behrens eigens eingesammelte O-Töne: Aus Istanbul besorgte ARD-Korrespondent Jörg Pfuhl Reality, den „Notting Hill Carneval“ lieferte die BBC und Malte Jaspersen schickte Tokio-Sounds. In der „Zeit“ las Behrens über Data Pop und Electronica – bald hatte Rink mit den auf solche Töne und ihre Erfinder spezialisierten Labels „morr-music“ in Berlin und „echobeach“ in Hamburg „Label-Deals“ ausgeheckt. Der „Neuromancer“-Soundtrack stammt komplett von ihnen.

In nur zehn Tagen wurden in den alten Studios des Rundfunks der DDR in der Berliner Nalepastraße über 30 Stimmen aufgenommen. Das sparte Fahrtkosten der Schauspieler und ermöglichte Behrens „die umgekehrte Reise mit einer Zeitmaschine, mit diesem Science-Fiction-Stoff zurück in die 60er Jahre“.

Im Bremer Studio spielten sich Behrens, Klaus Schumann (Ton), Claudia Jira (Schnitt) und Wolfgang Seesko (Assistenz) „in einer Art Kollektivimprovisation, mit Wiederholung und Variation“ akustische Bälle zu, spielten und experimentierten mit Sounds, Musik und Stimmen „wie eine kleine Jazzbesetzung“.

Die unvermeidliche Lohnt-sich-denn-all-der-Aufwand-Frage nach der vermeintlich so „kleinen Liebhabergruppe“ der Hörspielfans pariert Holger Rink mit einem kleinen Exkurs zur Verwertungskette der neuen Cyberoper: Am 8. August gibt’s für das „Neuromancer“-Hörbuch eine Record-Release-Party in der Berliner Volksbühne. Die WDR-Popwelle „Eins Live“ sendet das Stück auf ihrem Hörspiel-Sendeplatz, der nachts regelmäßig an die 100.000 Hörer lockt. Andere ARD-Anstalten wollen das Stück übernehmen – macht „mindestens eine halbe Million HörerInnen“, rechnet Rink.

Für so was braucht man die richtigen Stoffe – und Regisseure wie Alfred Behrens, der „etwas ganz anderes als den ARD-typischen Hörspiel-Kammerton“ suchte und fand.

Sendetermine: 11., 18. und 25. Juli, jeweils zwichen 22.05 und 23.30 Uhr im Nordwest-Radio

5.7.2003 taz Bremen Nr. 7096 Kultur 138 Zeilen, S. 27

Ansteckender Wahnsinn

In Kunst, Radio on 16. Mai 2003 at 11:47

Ansteckend: Wahnsinn im Radio
Akustischer Jasmin auf Nordwest

„Jemand durchquert mich auf seiner Reise in mir. Der Mann im Jasmin. Ich bin seine Wohnung.“ Eine faszinierend wirre, schwirrend schwebende Kompilation von phantasierenden Gedankensprüngen, irren Ideen und autobiografischen Fakten hat Regisseurin Christiane Ohaus aus Texten von Unica Zürn gewonnen. „Spiele zu zweit, letztes Spiel“ heißt das Hörstück nach deren Buch „Der Mann im Jasmin – Eindrücke aus einer Geisteskrankheit“: Die Ursendung ist heute um 22 Uhr auf Nordwestradio.

Zürn war hin- und hergerissen zwischen dem Versuch, das Leben trotz und mit ihrer von Zeit zu Zeit ausbrechenden Schizophrenie zu genießen, und dem Bemühen, sich ihre Situation bewusst zu machen. Sie hat das in phantasievollen Sprachgemälden, oft auch in kühl distanziertem Beobachterton aufgeschrieben. 1916 in Berlin geboren, begann sie nach Studium, Heirat und Scheidung Kurzgeschichten zu schreiben und als Dramaturgin zu arbeiten. Seit den 50er Jahren lebte sie in Paris, zum engsten Freundeskreis gehörten die Surrealisten Breton, Arp, Duchamps, Ray und Ernst. 1970 setzte sie ihrem Leben durch einen Sprung aus dem Fenster ihrer Pariser Wohnung ein Ende.

Ohaus und ihre Sprecherin Michaela Caspar zerren den Hörer ständig auf den Boden der Tatsachen, starten ihr Hörkunststück immer wieder neu, mit trocken berichteten biografischen Stationen ihrer Protagonistin – um sie dann in Gedanken und Sphären zu entlassen, in denen sie in rasender Phantasie aus Naturtönen, heranschwebenden Formen und Gedanken immer neue Sprachbilder spinnt: Ein schier „unerschöpfliches Vergnügen: das Suchen nach einem Satz in einem anderen Satz“, findet Zürn.

Das Material entstammt ihrer Phantasie, ihrer Krankheit. Vielleicht ist aber auch im Bett ein Mikrofon eingebaut, das die Töne erzeugt, die dann Worte bilden und Formen heranschweben lassen, denen man so lange lauschen muss, bis – nachts – alles seinen wunderschönen Sinn hat: „Die schönsten Gedanken beginnen zu blühen – wie der Jasmin.“ Es könnte vielleicht sehr schön sein, verrückt zu sein. Und irgendwann konstatiert die Protagonistin schrecklich-schön: „Nach 43 Jahren ist mein Leben noch nicht mein Leben geworden.“

„Spiele zu zweit, letztes Spiel“ gibt den Zuständen und Worten, der Angst und der Kunst Unica Zürns Klänge und Raum – und dem Hörer das verstörende, spannende Gefühl, dass die Sprache ein unzureichendes Medium sein könnte. Man will mehr wissen von dieser Person. Denn diese „Eindrücke aus einer Geisteskrankheit“ sind unvollendet, offen. Für Fortsetzungen, nachts, träumend, im Jasmin vielleicht. Die Krisen von Unica Zürn begannen immer im Sommer.

Ursendung: Nordwestradio

16.5.2003 taz Bremen Nr. 7055 Schlagseite 105 Zeilen, S. 24

Verzweiflungsgequatsche

In Kunst, Radio on 7. Juli 2002 at 10:00

Flimmerkiste aus, Radio an: Big-Brother-Talk auf Radio Bremen. Da läuft Freitagabend Christine Wunnickes Hörspiel „Start me up“

Vier Leute suchen …, ja was denn eigentlich? Einen Job, einen Partner oder vielleicht auch gleich zwei. Auf jeden Fall suchen sie Erfolg. Und Zuhörer. Denn irgendjemand muss ihnen gesagt haben, dass Quasseln lebensnotwendig sei, um weiter zu kommen, erfolgreich zu sein.

Vier Leute, wie Jenny Elvers und ihre Mackermänner Heiner Lauterbach und Alex „big brother“ Jolig oder auch unsere Nachbarn um die Dreißig. Mit ebensolchen Leuten hat die Autorin Christine Wunnicke nun ein Kommunikationsdesaster sondergleichen für Radio Bremen angerichtet. Nach dem Motto: „Ich rede, also bin ich“ ist das tragische Gequatsche am Freitagabend zu hören.

Von Manu zum Beispiel. Sie ist 36, fühlt sich frei, Kinder wären „der Horror“. So erlebt sie die Welt aus Hollywood-Perspektive und vergewissert sich in einem videobegeisterten Redeschwall regelmäßig bei ihrem aktuellen Freund, ob sie irgendwie nerve? „Nö“, findet der und liefert brav alle Filmtitel, Schauspielernamen und Handlungsgerüste, die seiner Dame durcheinander rutschen.

Konflikte reduzieren sich da auf die Frage, ob Michael Douglas nun „in dieser Scheidungs-Schuld-Geschichte“ in die Waschmaschine gekackt oder nur in die Suppe gepinkelt hat. Enthusiastisch emotional wird Manu (wunderbar durchgeknallt: Susanne Schrader), wenn es um „Verzweiflung pur“ geht, um den UPS-Mann! Denn das sei in Hollywood der dazu gehörige und schon klassische Masterplot, „wenn jemand mit dem UPS-Mann vögelt.“

Weil ihr Partner (niedlich einsilbig: Konstantin Graudus) so wenig redet, macht Manu das für ihn mit: „Du findest mich echt krass. Du wärst mich gerne los. Ich muss immer für dich mitdenken! Ob ich Scheiße bin? … Also, wenn ich mit mir leben würde, ich würde mich rausschmeißen.“ Also macht sie Schluss.

Zuhause zum Stichwortgeber aus dem Beziehungs-Off degradiert, betextet ihr Ex in seinem Start Up das Bewerbungsgespräch einer jungen Doktorin der Islamistik fast im Alleingang: „Yep. Wir machen. Wir mastern. Wir motzen auf. … Um fair zu sein: Deinen Doktor brauchst Du hier echt nicht.“ Gesucht wird schließlich eine Assistentin, naja Sekretärin, naja irgendwie sowas wie Julia Roberts, eine, die managen kann und nicht nur schön aussieht.

Was in diesem neuen Mastering-Unternehmen gemastert werden soll? „Verschiedene Projekte. Auftritte. Features. Events. Krimskrams.“ So ein Start Up macht viel Arbeit, kreatives Chaos, ganz ohne moralischen Druck, aber bitte mit Teamgefühl. Der Erfolg gehört dem Team, „davor müssen wir halt alle Abstriche machen“. Und wer kocht jetzt den Kaffee?

Manu startet inzwischen eine neue Partnerschaft – mit dem Kompagnon des Ex (Bernhard Schütz). So sind die Synergien auch privater Art und man bleibt freundschaftlich im Gespräch. „Du musst keine Kinder haben, um was zu beweisen,“ findet Manu. Aber Kinderlosigkeit könnte bedeuten, dass der Eierstock nicht funktioniert. Aus der neuen Verbindung entsteht ein Baby. Jetzt wird das Ultraschallbild diskutiert und auf dem Mousepad verewigt. Und gleich wieder gibt es Neues von der Beziehungsfront: „Ich sollte das jetzt probehalber mal machen. Weil Du nicht der Typ bist, der sich trennt.“ Und prompt macht sie Schluss.

Zum freitagabendlichen Fernsehtalk gibt es also morgen eine Alternative: „Start me up“. Hörspielregisseur Gottfried von Einem hat das ganze Kommunikationsdesaster zu knackigen, komischen 37 Minuten beschleunigt und verquirlt. Übrigens: Ein paar Frequenzen weiter läuft auf N3 ein Alida-Gundlach-Special, Ähnlichkeiten mit der Big-Brother-Frau nicht ganz ausgeschlossen. Wählen Sie selbst.

„Start me up“ im NordwestRadio

18.7.2002 taz Bremen Nr. 6803 Kultur 135 Zeilen, . 23

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