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Fähr‘ doch mal rüber !

In Politik, Stadt, wörtlich! on 14. Mai 2013 at 22:21

Meine Rede zum Antrag „Stadtteile am Fluss über den Fluss verbinden“

Im Jahr 1987 sind die Grünen in den Bürgerschaftswahlkampf gezogen mit der Parole „Mit dem Gesicht statt mit dem Arsch zur Weser“.

Nach der Wahl beschrieb der Abgeordnete Fücks damals hier im Parlament eine Vision für das Jahr 1999 mit einer Reise von Hemelingen bis Blumenthal – das liegt in Bremen-Nord ;-) – entlang der Weser, vorbei an Wohnungen, Gründerzentren, alternativer Energieerzeugung, Filmstudios, und einem innerstädtischen Schiffspendelverkehr über die Weser. Laut Herrn Fücks – so erzählt er es jedenfalls heute – soll damals der Abgeordnete Wedemeier dazwischengerufen haben: „Das ist eine Rede gegen Bremen!“ Der damalige Präsident der Bürgerschaft wollte Herrn Fücks das Wort entziehen.

Das Thema war jedoch in der Welt, und mit dem Verein Weserlust, des Bremischen Vereins Hal över und vielen kleinen Projekten auch in Gröpelingen, Walle und Bremen-Nord begann es. Das ist lange her, und es hat etwas länger gedauert, als bis zum Jahr 1999 – als es eigentlich erst richtig begann. Es wurde vorher noch mit Verve dort ein Großmarkt gebaut, der aber auch nichts mehr verhindern konnte. Heute kann man sagen, dass ziemlich viel von dem, was Herr Fücks vor 26 Jahren hier zusammengesponnen hat, so ähnlich eingetreten ist, und darüber sind wir froh, und wir sind stolz darauf: Die „Stadt am Fluss“ lebt, funktioniert und ist ein großer – der wichtigste, wie ich finde – Erfolg der Stadtentwicklung Bremens in den vergangenen Jahrzehnten!

Deshalb haben wir uns sehr über den Antrag von Herrn Pohlmann und der SPD-Fraktion gefreut. Über den Antrag im letzten Jahr zur „Stadt am Fluss“ haben wir uns ja auch schon gefreut. Aus dem Fücks’schen Filmstudio sind das Pier 2 und ein Varietétheater geworden, und manche hoffen im Moment darauf und arbeiten dafür, dass auch noch ein Museum hinzukommt. Die schöne Idee des Schiffspendelverkehrs aber wollen wir mit Herrn Fücks und allen Bremerinnen und Bremern, die davon noch träumen, gern weiterverfolgen, weil es viel mehr als eine schöne Idee ist. Herr Pohlmann hat es soeben sehr ausführlich beschrieben, das alles will ich gar nicht wiederholen. Die Weser ist wieder zum Gesicht, zum Zentrum der Stadt geworden.

Viele Akteure und Initiativen in Gröpelingen, Woltmershausen und Walle haben sich aufgrund der großartigen Entwicklung der Überseestadt und der schönen, erschlossenen Grünanlagen und Wasserlagen in Pusdorf in den letzten Jahren wieder verstärkt für Fährverkehre eingesetzt. Bei allen, die es nicht nur gefordert haben, sondern auch durch ihre oft ehrenamtliche Arbeit in den Stadtteilen, der Kultur, den Beiräten und den Nachbarschaften schon an den Aktionstagen in den vergangenen Jahren immer wieder ermöglicht haben und dieses Jahr zum ersten Mal sogar einen regelmäßigen Fährverkehr an den Sonn- und Feiertagen ermöglichten, möchte ich mich hier sehr herzlich bedanken!

Genau solche Modelle und Erprobungen braucht die Stadtentwicklung auch und immer wieder. Man muss es einfach mal machen, und dann sieht man, dass es auch anders gehen kann, als es immer schon ging! Und in diesem Fall ging es ja sogar ganz früher schon einmal. Wir wollen das Experiment deshalb politisch begleiten und schauen, was die Fähren über die und entlang der Weser neben der Freizeit und der konkreten nachbarschaftlichen Verbindung von Stadtteilen vielleicht auch für den ÖPNV und die Entwicklung der Wohnlagen und der Arbeitsstätten in der Überseestadt, in Gröpelingen und in Woltmershausen bedeuten können und was sie für die Durchmischung der Stadtteile bewirken können, über die wir häufig sprechen und an der wir arbeiten.

Lassen Sie es uns konstruktiv und zukunftsgerichtet anschauen und herausfinden. Fahren Sie dazu als Erstes einmal an einem Sonntag einfach mit, und stimmen Sie bitte unserem Antrag zu!

update: Erfolg des Testbetriebs und weitere Pläne – Weser-Kurier v. 27.11.2013

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„Stadt am Fluss“ weiter entwickeln!

In Politik, Stadt, wörtlich! on 19. Oktober 2012 at 12:10

Die Weser ist die historische Lebensader des Landes Bremen – für die Wirtschaft, für Touristinnen und Touristen, für Bremerinnen und Bremer bis heute. Die Nutzung des Flusses und seiner Ufer hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert: Dominierten lange Hafenumschlag, Industrie und Verkehr die Uferregionen, hat sich inzwischen eine Vielfalt weiterer urbaner Nutzungen entwickelt und die Weser wurde auch als Naturraum wiederbelebt. In den vergangenen 25 Jahren fand ein grundlegender Wandel an der Bremer Weser statt: Die Stadt ist näher an den Fluss „herangerückt“, wobei in Bremen neben der Weser noch weitere, die Stadtlandschaft prägenden Flüsse wie beispielsweise die Lesum und die Ochtum als Potenziale im Sinne von „Stadt am Fluss land- und wasserseitig weiterentwickeln“ einbezogen werden können. Wir haben den Senat gebeten, zu erläutern, wie diese Entwicklung gestärkt und fortgesetzt werden kann.

Der Antrag von SPD und Grünen „Stadt am Fluss land- und wasserseitig weiterentwickeln“ aus dem Januar 2012,  dazu die Antwort des Senats vom 4. September 2012 – und hier meine Rede dazu:

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen!

An der Weser wird gebaut, gelebt, die Freizeit und Natur genossen – und an der Weser entstehen Bilder von Bremen, die dem Image der Stadt zuträglich sind: Wir freuen uns über die eindrucksvolle Vielzahl der Facetten und Projekte entlang der Weser.

An den in den vergangenen fünf Jahren entstandenen Stränden und Renaturierungsmaßnahmen gehen Ökologie und Naherholung Hand in Hand perfekt zusammen: Das Wasser ist für die Menschen sichtbar und auch erreichbar und weitgehend ungestörte Natur wechselt sich am Ufer mit sportlichen und wirtschaftlichen Nutzungen ab. Dazu begrüßen wir auch, dass bei Naturschutz-Kompensationsmaßnahmen in Zukunft noch verstärkt auch auf die Zugänglichkeit und Erlebbarkeit der Natur geachtet werden soll.

Bis nächstes Jahr werden die EU und Bremen für die Entwicklung der „Lebensader Weser“ über 5 Millionen Euro investiert haben – die sich für die Natur, für die Lebensqualität, für das Image Bremens nach unserer Überzeugung mehr als lohnen. – Und wir hoffen, dass das Programm auch ab 2014 weiter fortgesetzt werden kann.

Auch am Segelhafen am Weserstadion und rund um das Weserwehr werden wir dieses Zusammenspiel von Natur und Freizeit wahrscheinlich schon im nächsten Jahr erleben können. Und wir wollen auch, dass das BWK-Gelände sich zur Weser öffnet und dass der Weserradweg zügig vervollständigt wird.

Und zur Mobilität am Wasser gehört dann natürlich auch die auf dem Wasser, übers Wasser: Die Verbindung von Stadtteilen links und rechts der Weser und entlang der Weser per Schiff sollen ausgebaut werden und dass dafür sogar Verknüpfungen mit dem ÖPNV getestet und geprüft werden, finde ich für die Bevölkerung an der Weser wie für Besucher aus dem Umland und Touristen gleichermaßen interessant.

Wenn wir, meine Damen und Herren, diese Entwicklungen alle haben und hier loben – dann finde ich allerdings, dass wir uns zum Marketing noch ein paar weitergehende Gedanken machen müssen: Es ist vieles da, ist ist viel selbst für uns Bremer noch zu entdecken – das listet die Antwort des Senats ganz eindrucksvoll auf. Es fehlt aber, finde ich, noch ein bisschen der rote, oder sagen wir hier: der wasserblaue Faden, an dem wir und vor allem Bremen-Besucher erkennen können, was an und mit der Weser alles zu erleben ist.

Ich finde deshalb, wir sollten uns überlegen, wie sich die Orte und Angebote gebündelt kommunizieren lassen, noch eindrucksvoller zu einem Image verbinden lassen,  statt sie nur einzeln und „zielgruppenorientiert“ zu vermarkten, wie es in der Antwort heißt.

Ließen sich nicht etwa das Festival Maritim und die Breminale und andere Aktivitäten am Wasser zumindest kommunikativ enger verknüpfen? Ließen sich nicht die alten und neuen Zugänge zur Weser, die Erlebnisräume, die Gastro- und Kulturschiffe und Fähren und die Bauten am Fluss gemeinsam darstellen? Schaffen wir vielleicht, mittelfristig alle Aktivitäten – die kulturellen, die ökologischen, die verkehrlichen – zu einem großen, langen, Weser-Festivalsommer zusammenzubinden?

Ich war ein bisschen erstaunt, dass der vom Stadtmarketing kreierte Begriff „Weserwelten“ in der ganzen Senatsantwort nicht einmal vorkommt. Wobei ich auch das jetzt 25 Jahre lang schon entwickelte und gehegte Label „Stadt am Fluss“ vielleicht fast noch eingängiger und sympathischer finde.

Gespannt bin ich auf das „über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich stattfindende Kunstprojekt im öffentlichen Raum auf der Schlachte-Verlängerung in die Überseestadt“ – das ist ja jetzt schon in mehreren Vorlagen und Antworten des Senats angekündigt worden. Die Grünen würden es sehr begrüßen, wenn auch die Kulturszene, Bremens Künstler und die Kreativwirtschaft schon an dessen Entwicklung beteiligt würden!

So entstehen ja die nachhaltigsten Ideen im kreativen Bereich und auch lukrative Synergien zwischen den Guten, die wir in der Stadt schon haben und dem Guten, das dazu noch neu entstehen soll!

Und lassen Sie uns dabei bitte auch über die Schlachte hinaus gucken: Der Weser-Kurier ja gerade eine schöne Serie über das „Kulturufer Neustadt“ gemacht, über die vielen Kultureinrichtungen, die da direkt an der Weser und an der Kleinen Weser liegen. Und wir sollten auch die großartigen kreativen Ideen für die Gedenkstätte Bunker Valentin weiter verfolgen – und realisieren.

Die Insel Harriersand eignet sich hervorragend  für Sommerprojekte der Kultur und der Kreativwirtschaft. Gerade in diesem Sommer sind mit der „Golden City“-Stadtrundfahrt, der kreativen und auch sozialpolitisch interessanten Zwischennutzung des BWK-Geländes in Blumenthal durch die ZwischenZeitZentrale und dem Gastspiel des Motorschiff Stubnitz, das aus Rostock kam und dann nach London weiter gefahren ist, sind an der Überseestadt Formate entstanden, die wir Grünen gerne weiter entwickelt sehen wollen und die für Leben und Kultur am und auf dem Wasser stehen.

Und warum sollten gerade die temporären und die mobilen Projekte sich nicht auch einmal entlang der Weser bewegen und wandern?

Ich würde mich freuen, wenn es uns gelingt, die vielen Einzelaspekte der Senatsantwort – dazu gehören auch die Entwicklungen  zum Wohnen am und auf dem Wasser,  und auch alle nicht in der Antwort auftauchenden Ideen und Projekte –  zu einem Bild von der „Stadt am Fluss“ zu verdichten: Das finde ich eine lohnenswerte, zentrale Aufgabe fürs Stadtmarketing.

Und die Weser zugänglich zu machen für alle – bei frei zugänglichen Ufern, aber auch eintrittsfreien Kulturangeboten – das ist selbstverständlich eine soziale Frage, eie Aufgabe sozialer Stadtentwicklung.

Herzlichen Dank.

Maßstab über Bord!

In Kunst, Stadt on 2. Juli 2007 at 00:01

Die Ära Pierwoß geht zu Ende, eine neue ist noch nicht in Sicht: Was bleibt?

Am Anfang war die Ära: Gleich zu seiner Vorstellung wollte Kultursenatorin Helga Trüpel die „Ära Pierwoß“ starten – ein bisschen voreilig, fand ich. Aber nun ist es ohne Frage eine geworden: Klaus Pierwoß hat in 13 Jahren Bremen verändert – das Theater, die Kulturlandschaft, die Streitkultur. Und jetzt wird er hier also fehlen.

Klaus Pierwoß hat – das unterscheidet ihn schon einmal von seinem jetzt antretenden Nachfolger Hans-Joachim Frey – allzu große Vorankündigungen und Zukunftsprognosen meistens vermieden. Stattdessen wurden, jedenfalls hält sich das Gerücht hartnäckig, auf dem Fußboden des Intendantenbüros Spielpläne geklebt – grafisch einfach, inhaltlich überbordend, dispositorisch hochkomplex. Theaterstars und Auslastungszahlen wurden erst gefeiert, wenn sie denn da waren. Und weil Klaus Pierwoß mindestens so gerne feiert wie streitet, wurden Erfolge zu Partys – und auch die Partys zu Erfolgen: Dass die Lust am gemeinsamen Fest zur Kultur der Stadt gehört, dass auch Feste eine besondere Qualität haben müssen, dass nach mühsamen Verhandlungen und Auseinandersetzungen auch im kleineren Kreis gefeiert werden soll, hat der Theatermann uns Bremern wieder klargemacht.

Künstler in die Politik!

Weil die Politik keine ernsthafte Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur mehr bot, machten Klaus Pierwoß und Katrin Rabus mit ihrer verdienstreichen Initiative „Anstoß“ selbst Kulturpolitik: Die beiden setzten Themen, spannen Netzwerke, stießen an in allen Sinnen dieses Wortes. Dass diese Arbeit irgendwann ein überraschendes, fast abruptes Ende fand, mag an einem Generationswechsel liegen – sicher aber auch an Entsolidarisierung und dem Einzug von Unehrlichkeit, Politik und übermäßigem so genanntem „Controlling“ in die Szene; bis heute haben viele dazu kein eigenes Verhältnis gefunden.

Wenn Pierwoß – für sein Theater, für die ganze Szene, für einzelne kleine Einrichtungen – in die kulturpolitische Schlacht zog, bekam das manchmal rituelle Züge. Woran die immer und immer wiederkehrenden Attacken und Schwierigkeiten immer und immer wieder neu dahergelaufener Kultursenatoren ihren Anteil hatten – aber auch der sichere Instinkt und die Kunst der Inszenierung, die der im Theater selbst nicht regieführende Intendant perfekt beherrscht. Wenn Pierwoß Unehrlichkeit im kulturpolitischen Geschäft nur witterte, Verlässlichkeit vermisste, war er auf den Barrikaden. Für uns alle. Wenn sich dagegen in Anstoß-Debatten gelegentlich Unklarheit und politsprecherische Rhetorik breit machten, Interessen undeutlich oder gar Anflüge von Opportunismus ahnbar wurden – dann konnte Pierwoß bemerkenswert schnell und sichtbar ab- und auf Durchzug schalten.

Als sich im Sommer 2004 die Hansekogge von Bremen auf den schifffahrtstechnisch abenteuerlichen Weg bis zum Berliner Dom machte, um dorthin Bremens vergebliche Bewerbung um den Titel einer Kulturhauptstadt zu überbringen, hatte das Segelschiff zwei Kapitäne: Dieter Stratmann, der die Wasserstraßen kannte und beherrschte – und Klaus Pierwoß, der den Überblick übers große Ganze hatte. Er organisierte mit dem Handy Mitreisende, Radio- und Fernsehsendungen von Bord, besten Wein zur Nacht, Hotelzimmer in der ostdeutschen Pampa, Fußballübertragungen an frischer Luft im Gewittersturm – und managte ganz nebenbei per SMS noch Griechenlands Europameisterschaftssieg mit Otto Rehhagel. So skeptisch er das Projekt „Kulturhauptstadt“ beäugte, so fanatisch und liebevoll betreute Pierwoß die Kogge und ihre aus Seeleuten und Künstlern, Jungen und Alten bunt gemixte Mannschaft.

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Kapitän mit Weitblick und Feierlaune

Wie der Kapitän stundenlang allein vorn auf dem Schiff in die Landschaft guckte, sondierte und dachte – das war für mich das eindrucksvollste, schönste Bild dieser Ära. Jenseits allen Zaubers und Gebrüll.

Ob jetzt in Bremeneine neue „Ära“ beginnt, steht in den Sternen: Helga Trüpel ist schon lange nicht mehr Kultursenatorin und ihr Nachfolger Jens Böhrnsen wird so eine gewagte Prognose noch nicht wagen. Aber fürs Theater, für die Streitkultur und gute Feste haben wir jetzt, das war vor 13 Jahren anders, einen Maßstab.

Danke, Klaus Pierwoß!
Alles Gute, ciao, bis bald!

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