carsten werners

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Wahl-Nachlese

In Politik on 3. Juni 2015 at 08:21

Fotomeine Wahl-Nachlese zur Bremer Bürgerschaftswahl vom 10. Mai 2015 und dem Ergebnis der Grünen:

In einer Wahlanalyse hieß es, die Grünen hätten kein Angebot gemacht für Leute „die was machen wollen“ – Industrie, Handwerk, Dienstleistung. Ich ergänze: GründerInnen, Studierende und Auszubildende, Digital Natives … junge Leute überhaupt, Kreative und Künstler, Familien, prekäre Milieus – Leute, die sich über ihr Erleben definieren. Das meint nicht bloß Spaß und Pop oder „Unterhaltung“, wie dieser Sichtweise zu gerne unterstellt wird – das betrifft ganz harte soziale Erfahrungen, positive Patchwork-Realitäten, Familienleben, kulturelle Verflüssigungen und Parallelwelten gleichermaßen!

Wir haben zum Wahlkampf Inputs von außen zu wenig gesucht und zugelassen – weder Kritik noch Inspiration, von grün-affinen Umfeldern oder der Basis bis zur eigens engagierten Agentur. Wir haben WählerInnen und NichtwählerInnen differenziert und zu oft gezielt nur potentielle WählerInnen angesprochen. Wir haben uns stattdessen zu oft zu sehr mit der SPD gestritten (und nicht mit der Linken, der CDU oder gar der FDP, haben auch „die Partei“ und die Piraten wieder nicht wahrgenommen) – und für uns selbst „Realisierbarkeit“ und unsere Regierungs-Realität zum Mantra gemacht. Veränderung, für die wir stehen wollen, gibt es aber kaum ohne Aufwand und selten mit Garantieschein. Sie kostet aber auch nicht immer viel Geld – sondern „nur“ Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Anerkennung. Und Durchsetzungskraft – auch und gerade gegenüber dem „eigenen“ Senat.

Der Personalwahlkampf war das am stärksten nach außen vermittelte Moment, das diese wichtige Aufmerksamkeit für Andere zugelassen hat (und ausweislich des Verhältnisses von Personal- zu Listenstimmen auch produktiv gemacht hat): Communities, Herkünfte und emotionale Tags bestimmen jedenfalls in allen Parteien die Personalstimmen-Ergebnisse. Und da, wo es für uns Grüne schwierig war – in den Hochschulen, bei jungen Menschen, in der Kultur, gerade in Grünen-Hochburgen -, da ist das auch aus Betroffenheiten herzuleiten, die wir (mit) verantworten: von Wissenschaftsplan über Bürgerbeteiligung und Baustellen bis zu Zwischennutzungen, von Elternsorgen und -ängsten bis zum ortlosen „Zuckerwerk“. Von der Wahlbeteiligung in nicht-grünen Milieus (von der wiederum viele kluge und empathische, grün-affine Leute um uns herum wissen und erzählen) zu schweigen.

Als Partei haben wir Fragen, Kritik, Korrektur-Ideen, auch Diskurs-Bedarf oft weggestimmt – die Prüfung fahrscheinlosen ÖPNVs, eine klare Haltung zur Individualität von freien Schulen, eine kritische Fragestellung zum OTB: weggestimmt.

Und jetzt? Trauen wir uns an eine kleine Revolution des extrem männerdominierten Sportwesens? Geben wir Kultur die Aufmerksamkeit, die wir ihr in fast allen Politikbereichen zuschreiben? Natürlich muss und kann sowas nicht alles morgen, heute, jetzt gleich Realität sein. Aber dass es kaum gedacht, gefragt, utopisiert werden soll, schmerzt – mehr, als dass es nicht durchsetzbar oder leistbar sein könnte.

Gleichzeitig wurde in Schleswig-Holstein ein Kämpfer fürs bedingungslose Grundeinkommen zum Parteichef der grünen Regierungspartei gewählt: Arfst Wagner:

– und ein Philosoph und Künstler zum möglichen Bundes-Spitzenkandidaten: Robert Habeck: http://sh-gruene-partei.de/landesparteitag/egal-wie-es-ausgeht-robert-habeck-auf-dem-landesparteitag-2015. Cool und staatstragend. Geht doch!

Was wir Bremer Grüne im – vorbildlich diskursiven, interaktiven – Programmprozess diskutiert haben: Hätten wir das nicht auch nach außen tragen sollen und müssen, uns als viel offener fragend, suchend, aufgeschlossen, streitbar zeigen sollen?

Mich besorgt in Bremen die allgegenwärtige Besorgnis, dass Energien frei werden könnten – das gilt für meinen Bereich der Kulturpolitik, das gilt für die Stadtentwicklung insgesamt, das gilt für die Unterstützung neuer Träger und neuer Ideen. Das gilt für die ununterbrochene SPD-Regierung in Bremen – und das gilt nach acht Jahren Regierungsbeteiligung auch für uns Grüne. Das ist unser Regierungsstil geworden. Hat diese staatstragende Politik eigentlich noch Gegenbilder, Weiterungen – oder wollen wir SPD-CDU-Handelskammer und dem Milieu der Institutionen und Systemrelevanzen möglichst gleichmäßig gefallen, nicht auffallen (und uns aufs real existierende Wähler-Milieu begrenzen)?

Wir haben nicht nur durch „zu viel Arbeit“ gleichsam „vergessen“, Erfolge auch zu feiern (oder damit Signale zu setzen, auch provokative), wie es jetzt vielfach heißt – wir haben das manchmal schlicht auch nicht gewollt oder gekonnt: Wir haben zu den Lebenswelten der Hochschulen nur Strukturdebatten geführt – und vermissen jetzt auch dieses „Milieu“. Zu den Quartieren und zum Grün, zum Fluss auch nicht viel – das ist aber die von uns sehr erfolgreich gepflegte Umwelt „da draußen“! Wir haben in Kultur nicht wirklich viel Grundsätzliches bewirkt oder gar Neues ermöglich – und wo, wenn nicht da, wäre das so nötig wie machbar? Wirtschaft kommt kaum vor als grünes Politikfeld – dabei gäbe es da in Richtung einer gemeinwohlorientiert(er)en Ökonomie, Sharing, gäbe es in der Gründerszene, im Mittelstand und bei den KMU viel zu tun und viele Partner. Zu digitalen Themen haben wir uns immer wieder vom Senat bremsen lassen; von einer eigenen Agenda zum digitalen Alltag sind wir weit entfernt.

Und viele Migranten und alle Flüchtlinge können uns per Stimmzettel gar nicht erreichen, weil sie nicht wählen dürfen – auch das wird ein Thema der nächsten Jahre sein. Sind wir dabei wenigstens richtig klar, wohin wir unsere gute Politik in diesem Feld überhaupt kommunizieren?

Joachim Lohse und Anja Stahmann hatten irre viel Arbeit, die bundesweit hoch geschätzt wird (gerade auch in Communities, Fachöffentlichkeiten, Initiativen und Projekten, politisierten Gruppen!) – aber in Bremen geben wir damit nicht an, fühlen die Lebensqualitäts-Gewinne nicht vor Ort nach.

Wir vermissen „Nachwuchs“ – aber suchen wir ihn überhaupt, halten wir ihn aus und die Risiken, die die Jugend mitbrächte (oder das was Älteren dann unverständlich erscheint)? Jedenfalls hegen wir ihn nicht: Wie sollen wir junge Leute erreichen, wenn unsere eigenen jungen Leute nicht einmal aussichtsreiche Listenplätze erreichen – und in der Kampagne eigentlich nicht vorkommen? Sie wurden auch nicht ausreichend gefördert und beraten.

Wenn jetzt von Kritikkultur und Streitkultur (wieder, endlich) die Rede sein soll, müssen wir zunächst identifizieren, mit wem wir uns streiten wollen – und worüber. Auch innerhalb der Grünen. Dazu müssen wir Positionen entwickeln, über die sich zu streiten lohnt: nicht über Stilfragen, sondern über weitergehende Inhalte, Anliegen, gesellschaftliche Zuständigkeiten und Positionen. Und Streit und Kritik müssen sich entwickeln können; in einer guten Mischung (und Reihenfolge) von geschützten Runden, klaren Regeln – und dann Transparenz.

Durch eine irrsinnig frühe Koalitionsaussage schon Ende 2013 – mehr noch: unbedingte Verbindung mit der SPD, mehrstimmig erklärte Alternativlosigkeit! – haben wir Grünen a) uns unnötig zum Teil und Spielball der großen Bremer SPD-forever-Erzählung und -Kampagne gemacht, und b) allen, mit denen wir über Alternativen zu 70, 75, 80 Jahren SPD in Bremen auch nur hätten nachdenken, reden, hinhören oder -fühlen können, gesellschaftliches Desinteresse daran signalisiert, sie desillusioniert. Der Journalist Jan-Philipp Hein hat am Tag nach der Wahl getwittert: „Das Ergebnis der Bremen-Wahl: Diese Stadt ist nicht mehr Eigentum der SPD“

– ist das nicht auch unser Verdienst? Oder gehören wir schon mit zu den Bremen-Besitzern?

Die beiden Chefredakteure Andrea Schafarczyk (Radio Bremen) und Moritz Döbler (Weser-Kurier) haben für Bremer Verhältnisse fast brutal einen politischen Neuanfang angemahnt – die SPD hat umgehend postuliert: „Die SPD hat verstanden!“ und dazu fix das Beste und Größte aus den Programmen von CDU, Linken und Grünen zusammengekehrt: Von allem mehr – in alten, fantasie- wie richtungslosen Bahnen und Strukturen. Wollen wir das mitmachen?

Was ist das grüne „Wir haben verstanden“?

Ich meine: Wir brauchen jetzt das genaue Gegenteil von Wagenburg und Selbstbestätigung! – Wir müssen uns aufmachen: Die Köpfe, die Partei, die Diskurse! Für mehr Köpfe und ihre Inhalte: Es gibt viele Ideen und Initiativen, Wissen und Anliegen ganz real in diesem „da Draußen“, von es immer heißt, dass es „uns nicht mehr versteht“ – wir müssen uns da nur committen und connecten.

Aber immer mehr „da draußen“ haben gerade keine Lust mehr, von uns „hier drinnen“ erzählt zu kriegen, was alles nicht geht. Sie haben einfach Lebensweisen und -sorgen, Ideen, Sprachen, deren Realität wir anerkennen und „verstehen“ müssen. [Wenn es einen „Fukushima-Effekt“ gegeben hat, dann bestand der ja auch nicht in plötzlich kollektiv ausgebrochener umwelt-, klima-, wirtschafts- und energiepolitischer Einsicht und Überzeugung eines großen Teils der Bevölkerung – sondern ganz wesentlich darin, dass vorhandene grüne Kompetenz und (in diesem Fall: geschocktes, elektrisiertes, beängstigtes) Lebensgefühl für ein aktuelles, zufälliges Moment zusammen passten.]

Für viele, und immer mehr, Menschen in Bremen gibt es eine Welt, ein Leben, und auch ein Bremen, das nicht mehr so viel mit dem SPD-AWO-Gewerkschafts-Personalrats-Komplex zu tun hat – viele in Sorgen und Ängsten, viele auch in Zufriedenheit und Entspanntheit. Das sind nicht alles Sanierungsgegner und Realitätsverweigerer!

– Das haben Linke, FDP, auch Satire-„Partei“ und Piraten, selbst die CDU antizipiert. Um 5% für „Die Partei“ plus Piraten und hohe Gewinne der Linken und der FDP in Grünen-Hochburgen: Sind da viele WählerInnen plötzlich zu spaßbesessenen Deppen geworden? Nee! Wogegen protestieren, was wollen die uns sagen, die uns vorher öfter mal gewählt hatten und jetzt (immerhin!) „schade“ sagen? Die Leute formulieren Ansprüche an Politik(erInnen), auch an Politikvermittlung, auch an politische Teilhabe und Betroffenheit – sie fordern: Anerkennung. Respekt, Gehör, Unterstützung. Das haben die Linke und die FDP erkannt – und genutzt. Und das hat „die Partei“ ironisiert – und deutlich gemacht. Und das lässt sich auch aus grünen Personal-Ergebnissen lesen. Da passiert Mobilisierung.

Unser staatstragender Wahlkampf jetzt ist nicht aufgegangen – weder die schweigende SPD-Variante, noch die Grüne Konsens-Dialektik-Version. Funktioniert haben Kampagnen, die bunt, „frech“, ideenreich, auch lustig waren (oder wenigstens so getan haben). Und die waren deswegen eben noch lange nicht weniger inhaltsreich als unsere. Niemand wählt ein Plakat. Aber wäre es gerade darum nicht auch legitim gewesen, Regierungsarbeit einerseits und Wahlziele, Wahlkampf andererseits zu differenzieren? Sich (natürlich) mehr zu wünschen, als man „machen“ kann? Grüne (neue, alte) Utopien? Die SPD zeigt (schon jetzt wieder …), wie das geht: Forderungen, Vorstellungen benennen. Auch wenn sie in der Realität scheitern sollten, im Kompromiss anders aussehen.

Für neues grünes Selbstbewusstsein wird’s nicht ausreichen, sich der (kleinen) grünen Mitgliederbasis und wackerer EinzelkämpferInnen zu versichern und an Landesarbeitsgemeinschaften in neonbeleuchteten Besprechungsräumen zu appellieren. Zurück zu Wurzeln könnte auch heißen: ran an die, rein in die Bewegungen – aber dazu müssen wir sie auch wahrnehmen und ernstnehmen. Unsere Veranstaltungen im Herbst und Winter waren knallvoll. Erst, als sie „Wahlkampf“ hießen und waren, wurde der Zuspruch dünner.

Mich nervt deshalb die Desavouierung von „Köpfen“ und Personalisierung. Sie ist nämlich unehrlich. Weil auch bei uns Grünen Eitelkeit, Hormone, Bekanntheitsgrade und Sendungsbewusstsein eine Rolle spielen; warum denn auch nicht, wie denn auch nicht? Lassen wir sie doch spielen! Wo sollten denn Inhalte, Erlebnisse, Wissen, Ideen herkommen, wenn nicht bitteschön aus individuell sozialisierten, denkenden und arbeitenden Köpfen? Natürlich müssen wir über Köpfe reden – und streiten! Mehr! … und was die verkörpern! Auch vor und bei künftigen Listenaufstellungen. Inhalte werden wir nicht ohne Körper „mobilisieren“.

Wenn die SPD eine Erneuerung, frischen Wind, Neustart, „Verstehen“ ernsthaft will, sind wir Grünen dafür der natürliche, kompetenteste Partner. Aber es kann ja nicht bedeuten, „die SPD hat verstanden“ – dass ihre Stammklientel weiter/wieder Wohltaten kriegen muss – und die Grünen wieder/weiter die (bl)öden Bremser sind. Erneuerung muss dann auch passieren, – real für alle, die sie sehen, brauchen oder ersehnen.

FotoWir müssen Politik – und unsere Partei – nach Lebenswelten ausrichten; nicht nach Verwaltungseinheiten. Nach heutigen Lebenswelten, nicht nur denen aus der goldenen grünen Gründerzeit: Ich möchte eine LAG Familie und eine LAG Transition gründen. Eine AG „Ideengrün“ darf kein Hinterzimmertreffen von verrückten Nischen-„Kreativen“ bleiben, sondern gehört ins Zentrum eines kreativen Landesverbandes und Wahlkampfes. Festivals und Symposien zu unseren Lebenswelten setzen Energien frei, statt sie einzufangen. Denkräume, die halbwegs frei sind von der Zuständigkeit für Alternativlosigkeit und Systemrelevanz.

Ich wünsche mir eine/n FamiliensenatorIn, die sich um Familien und ihre Kinder von der Geburt über die Kita und die Schulen bis zur Pflege kümmern kann. Carsten Sieling hat diese urgrüne Forderung inzwischen  zu seiner gemacht. Ich wünsche mir ein Stadtentwicklungs-Ressort, das das Bauen und die Stadtentwicklung in Bremen auch wirklich steuern kann – und nicht ständig von WFB, IB, Wirtschafts- und Finanzressort in aufgesplitterter Zuständigkeitspraxis immer wieder konterkariert wird und unendlich Zeit in „ressortübergreifender“ Abstimmung verbringt. Ich wünsche mir, dass ein Ressort Arbeit (und das heißt immer öfter auch das Gegenteil von Erwerbsarbeit) und individuelle Zeit als zentrale Elemente gesunden Lebens und sozialer Entwicklung sehen darf und muss. Ich wünsche mir eine Politik für kulturelle Angelegenheiten, die sich nicht auf die Kunstsparten des vergangenen Jahrhunderts begrenzt, sondern an der Schnittstelle der sozialen und ökologischen Stadtentwicklung stattfindet, Digitalisierung realisiert, kulturelle und künstlerische Bildung gemeinsam mit dem Bildungsressort bewegt – und nicht in einer Nische der Senatskanzlei verschattet abgestellt bleibt und von dort Nichtzuständigkeit für Nichtfinanziertes verkündet.

Ich wünsche mir eine kritische Analyse von Bürgerbeteiligung als Wunschkonzertenttäuschungsmaschine statt der fortgesetzten undifferenzierten Verkultung eines Begriffes, mit dem wir permanent Erwartungen schaffen, die wir schneller enttäuschen als wir sie erfüllen können.

Dasselbe gilt für unseren Umweltbegriff: Stadt ist nicht unberührte Natur – wer das glaubt oder dem auch nur nicht widerspricht, schafft auch zukünftige Enttäuschungen statt Lust auf Lösungen – und vernebelt und frustriert den Blick für Realität: Wir leben in Bremen ja nicht in einer zugebauten Betonwüste und das droht auch nicht – Bremen ist eine grüne Stadt.

Ich finde, wir müssen uns auch aus Bremen heraus auch Bremerhaven widmen – gesellschaftlich, gesellschaftspolitisch, vielleicht aus einer Landes(!)Arbeitsgemeinschaft Bremerhaven?

Ich wünsche mir eine Anerkennungskultur den BürgerInnen und ihren Interessen und Initiativen gegenüber – ihrer demografischen, migrantischen, kulturellen und digitalen Realität. Der Zustand des Unisees, Möglichkeiten für Urban Gardening, die Folgen von Zwischennutzungen, die Verkehrs-, Lärm- und Müllsituation im Viertel, die kulturelle Situation im Bremer Westen, Norden und Süden, geeignete Räume für Flamingo Gym, Zuckerwerk und Klapstul, Hundespielplätze und eine vernünftige Projektberatung, eine Anerkennung und Unterstützung des Mietersyndikats, die Förderung von Freifunk oder Bundesratsinitiativen gegen Störerhaftung und für Netzneutralität gehören sicher nicht en detail in einen Koalitionsvertrag – aber wir müssen klar machen, dass uns solche lebensweltlichen „Details“ erreichen, interessieren und angehen!

Ich glaube dagegen nicht, dass das Wähler und Wählerinnen und schon gar nicht Nicht-WählerInnen interessiert, ob wir 2 Ressorts bekommen oder 3 oder 2 1/2 … und ich glaube, deren Interesse gilt auch nur bedingt der „Performance“ der SenatorInnen. Das ist nur „Politik-Politik“, das ist noch keine Stadt-Politik!

Die Frage muss sein: Mit welchen Inhalten, mit welchen Ideen und Werkzeugen, mit welchen Leuten und Kompetenzen machen wir unsere Politik und unsere Ideen für die Zukunft konkret erlebbar, vorzeigbar und produktiv? Grüne und SPD, miteinander und auch füreinander – nicht gegeneinander und wir als Grüne nicht bloß als „kleine bessere SPD“.

Wir haben in der ersten rot-grünen Legislaturperiode mit dem neuen Leitbild der Stadtentwicklung und einer neuen Finanzpolitik gute strukturelle Grundlagen geschaffen – und in der zweiten Legislatur haben wir daraus richtig gute Pläne und Masterpläne und Gesetze entwickelt. Aber wie das so schön heißt: Der Pudding erweist sich beim Essen. Dass Bremen erneuerbar ist, wie Hermann Kuhn das vor vier Jahren so schön geclaimt hat, das muss sich jetzt zeigen!

Das alles schreibe ich hier nicht auf, weil das alles unbedingt nächste Woche Realität werden muss. Aber weil ich sagen und zeigen will, was man machen KÖNNTE, was Grüne verlangen, einfordern, sehen und sagen könnten, was „die Menschen da draußen“ (und hier drinnen) auch interessieren könnte: genauso sehr, mindestens, wie 111 oder 222 LehrerInnenstellen und 55 PolizistInnen, eine technokratische „Ausbildungsgarantie“, 1.234 Wohneinheiten und 5 oder 7 Geschosshöhen auf dem heiligen Konsolidierungspfad.

(c) Mirja Thiel

(c) Mirja Thiel

Ich wünsche mir eine politische Führung, die solche Veränderungen und Erneuerungen sucht und annimmt und ermöglicht und managed – auf der Parteiebene, in der Fraktion und natürlich vor allem auch im Senat! – Und ich wünsche mir, dass wir ausscheidenden Abgeordneten und Beiräte nicht in dreieinhalb Jahren per Weserkurier verkünden, dass wir wieder kandidieren und alles irgendwie besser machen wollen – sondern ich hoffe, dass, möglichst viele von uns dabei jetzt schon dabei, im Gespräch bleiben und mithelfen.

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Das sollten wir nicht verschenken!

In Ideenwirtschaft, Politik, Stadt, wörtlich! on 3. März 2014 at 19:53

Ich meine, dass wir es uns nicht leisten können, auf die Kompetenz und das Engagement von Bürgern und Bürgerinnen, Unternehmen und Initiativen zu verzichten.

Wir Grünen stehen für Basisdemokratie und Bürgerbeteiligung in den demokratischen Prozessen – und historisch steht unsere Partei für die Integration von Bewegungen und Ideen aus dem außerparlamentarischen Raum, aus der Bevölkerung, in politische, parlamentarische, demokratische Prozesse. Das Ausdiskutieren von Positionen, das Integrieren von Bewegungen, das Aushalten von Konflikten war nicht immer einfach – aber produktiv: „Grüne Themen“ sind Common Sense geworden, grüne Kompetenz ist überall gefragt. Dafür stehen als Schlusspointe des vergangenen Wahljahres 2013 auch einige „grüne“ Personalien der schwarz-roten GroKo in Berlin.

Ich meine: Wir können es uns auch in Zukunft nicht leisten, auf die Kompetenz und das Engagement von Bürgern und Bürgerinnen, Initiativen und Unternehmen zu verzichten. Als Partei wäre es dumm, auf den Rat und die Expertise von Freunden und Kritikern zu verzichten – von der Quartiersentwicklung über privates Nachhaltigkeits- und Energieverhalten bis hin zu den demografischen und kulturellen Entwicklungen einer mobilen und digitalen Gesellschaft sollten wir immer wieder genau auf die vielfältigen Erfahrungen unserer Mitglieder, vor allem aber auch sympathisierender Freunde vertrauen – und uns auch jenseits der parlamentarischen Gremien und der medialen Öffentlichkeit mit Mitbewerbern und Konkurrenten auseinandersetzen.

Zu oft begreifen und vernachlässigen wir inhaltliche Inputs als „Antragsprosa“ für verkappte Finanzierungsbegründungen; zu oft wird Engagement als freakig oder egoistisch abgestempelt und weggeheftet; zu oft tun wir Ansichten ab, weil sie vermeintlich „gegnerische“ sind. Aber anders herum wird ein Schuh draus: Als Partei müssen wir uns mit allen beschäftigen, die uns nah, aber nicht unbedingt vollkommen grün sind – von der Piratenpartei bis zu den Wirtschaftsverbänden, vom Urban Gardening bis zu privaten Sozial-, Bildungs- und Kulturangeboten. Und als Regierungspartner können wir es uns finanziell gar nicht leisten, auf die „kommunale Intelligenz“ der Nachbarschaften und Communities, von sachkundigen BürgerInnen und interessierten Gruppen zu verzichten! Gerade in Zeiten knapper Finanzmittel müssen wir Privatinitiative und Bürgerengagement als wichtige Ressource begreifen.

Bürgerbeteiligung darf sich deshalb nicht auf demokratische Verfahren einerseits und auf Protest-Management andererseits beschränken: Zukunftswerkstätten – wie sie zum Beispiel die Bürgerinitiativen zum Osterfeuerberger Ring, zur Waller Mitte am Dedesdorfer Platz begonnen haben, wie sie der Bausenator zur Entwicklung des Leitbildes „Bremen 2020“ oder zur Zukunft des neuen Hulsberg-Viertels oder wie sie das Kreativwirtschafts-Projekt „Brennerei“ für die Zukunft des Bürgerparks und seiner Finanzierung durchgeführt haben – sind nachhaltig im besten Sinne: Sie stimulieren und motivieren gesellschaftliche Entwicklung mit nachbarschaftlichem Engagement, schaffen Identifikation und sparen so soziale Folgekosten. Sie ermöglichen Vielfalt, realisieren Experimente und Visionen – und verankern mit Ideen, Fantasie und Kompetenz notwendige Veränderungen und Neuerungen frühzeitig in der Stadtgesellschaft.

Wir müssen deshalb Bürgerinnen und Bürger unterstützen und immer wieder in die Lage versetzen, zum Gemeinwohl beizutragen. Dazu gehört eine offene Informations- und Motivationspolitik. Und dazu gehört auch, die politischen Wege und Verwaltungsprozesse noch transparenter zu machen: Klar zu machen, in welchen Rahmen, zwischen welchen Anliegen und Interessen und in welchen rechtlichen, technischen und auch finanziellen, zeitlichen und personellen Grenzen Beteiligung notwendig und möglich ist, und in welchen Rahmen und Grenzen Vorhaben geplant und realisiert werden können. Denn Bürgerbeteiligung ist kein Wunschkonzert und ist weder Vorfahrts- noch Einbahnstraße.

Wenn in Zukunftswerkstätten, für Entwicklungsagenturen und an Runden Tischen von vornherein klar ist, welche Erkenntnisse gewonnen, welche Verfahrensschritte erreicht werden sollen, wessen Entscheidungen damit vorbereitet werden – und was NICHT –, dann kann die konstruktive Teilhabe an solchen Prozessen auch über den berüchtigten eigenen Tellerrand und Gartenzaun hinaus befriedigend sein. Die daraus auch entstehende Kompetenzerweiterung ist ein echter Mehrwert!

Durch die Förderung von gemeinwohlorientiertem Bauen durch Baugruppen, Selbstnutzer und Genossenschaften, durch die Stärkung von Nachbarschaften und Ehrenämtern, durch die Unterstützung privater Kinderbetreuung, durch Sozial- und Kulturangebote in privaten, auch neuen Trägerstrukturen – und natürlich durch vielseitige Teilhabe an allen Facetten des gesellschaftlichen Lebens kann der Zusammenhalt der Städte und Quartiere konkret gestärkt und nachhaltig gestaltet werden. So können Sicherheits- und Reparaturkosten, soziale Schief- und Notlagen begrenzt werden.

Bremen kann es sich nicht leisten, auf das Wissen, die Ideen, die Fähigkeiten und die Hilfe seiner BürgerInnen zu verzichten. Deshalb wünsche ich mir für die nächsten Jahre noch mehr konstruktive Bürgerbeteiligung – mit Ideen und Impulsen der BürgerInnen, mit ihrer Kompetenz, Spezialisierung und Betroffenheit, mit sichtbaren Ergebnissen – und mit einer dazu auch neu zu entwickelnden Kultur der Anerkennung und des Dankes.

Als Projekte bieten sich neben Quartiers- und Stadtentwicklungsthemen dafür auch andere Politikbereiche an: Das „Zuckerwerk“ hat eine Wertschätzung und Anerkennung wie die Bürgerhäuser oder wie das Musikfest verdient! Das Stadtmarketing kann zu einem ureigenen Projekt der BürgerInnen Bremens weiterentwickelt werden – Mundpropaganda, Spezialistenwissen first!. Die Innenstadt muss von und für BürgerInnen ein Stück weit für das öffentliche Leben auch jenseits des Shoppings zurückerobert werden. In Ampelworkshops können in Hamburg die Verkehrsteilnehmer aller Verkehrsarten ihre spezifischen Erfahrungen einbringen und lernen, die Perspektiven der anderen berücksichtigen. In Sharing-Börsen kann „Nutzen statt Besitzen“ erprobt und als Kultur einer solidarischen Ökonomie etabliert werden. Eine Bremer „Kulturloge“ kann kulturelle Teilhabe für Menschen mit geringem Einkommen in der Veranstaltungswirtschaft und der Kulturszene organisieren. – So wird Kompetenz konkret wirksam. Ich meine: Wir sollten das nicht verschenken!

„Wirtschaftswachstum ist nicht das Maß der Dinge – neue Indikatoren für Wohlstand und Lebensqualität“

In Politik, wörtlich!, Welt on 5. Juni 2013 at 18:42

(M)ein(e) paar Argumente für das Grüne Wahlprogramm-Schlüsselprojekt Nr. 5:

„Mein Projekt“: Nr. 05 – „Wirtschaftswachstum ist nicht das Maß der Dinge – neue Indikatoren für Wohlstand und Lebensqualität“

Wirtschaftswachstum ist nicht das Maß aller Dinge und das Maß von Wohlstand – wir wollen neue Indikatoren und Maßstäbe für Wohlstand und für Lebensqualität in die Politik und ins staatliche Tun bringen. Bisher ist der Maßstab dafür das Bruttoinlandsprodukt – das steigt aber auch durch Umweltverschmutzung, Unfälle, Krankheiten und Umweltkatastrophen und deren Beseitigung.

Ich finde, dass Politik noch viel mehr auch immaterielle Werte zum Maßstab von staatlichem Handeln machen muss. Dabei und dazu muss man gesellschaftliche Realitäten anerkennen. Die zu sehen und wertzuschätzen, wären schon ein wichtiger Schritt in Richtung neuer Kriterien für Lebensqualität. Das gilt von der Mehrstaatigkeit bis zur Homoehe, in der Familienpolitik und auch für die Arbeitswelt:

Die Welt ist viel bunter und vielfältiger, als das viele Gesetze und Vorschriften und auch die Besetzung vieler Gremien vorsehen. Individuelle Lebensformen und individuelle Arten, zu arbeiten oder zu wohnen, Aus- und Freizeiten zu nutzen  – Vieles  hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert im Zusammenleben und in der Zusammensetzung unserer Gesellschaft. Deutschland ist eine Einwanderungsgesellschaft, eine moderne und bunte, vielfältige, kreative Gesellschaft.

Wir müssen raus aus den vielen Parallelwelten , müssen Nachbarschaft und Stadt gemeinsam leben und entwickeln. Freiheit muss nicht immer die Freiheit VON sein – Freiheit ist vor allem auch die Freiheit ZU … – gestaltetem Leben, zu Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, Freiheit zur Gestaltung und Wahrnehmung.

Deshalb ist uns Grünen eine Beteiligungskultur nicht nur im politischen Bereich wichtig, sondern im ganzen Stadtleben, in der sozialen Verantwortung, in der Entwicklung unseres Gemeinwesens, in der wirtschaftlichen Teilhabe. Was und wer „gesellschaftlich relevant“ ist, wie das immer etwas technokratisch heißt, müssen wir neu verhandeln und ständig aktualisieren.

Wenn wir Vielfalt und Indiviualität als Wert verstehen und zur Grundlage von Politik machen, dann ergibt sich daraus ein Mehrwert an Möglichkeiten, an Erfahrungen und Kompetenz für alle Lebensbereiche – und auch andere, weitere Maßstäbe für Wohlstand:

–         Eine lebenswerte Umwelt  – der Stadtraum, der einlädt zum Verweilen und zum Austausch, intakte und gesunde Grünräume, saubere Luft, bezahlbares Wasser: Alles das ist Wohlstand! Und der ökologische Fußabdruck ist so messbar wie das alte Bruttoinlandsprodukt.

–         Zeit muss für die Politik eine wichtigere Rolle spielen: Zeit, die gutes Leben ausmacht: Zeit für die Familie, Zeit für Muße und Innovationen, Zeit für Kultur und Gefühle, Zeit für Nachbarn und Mitmenschen – Zeit für Wahrnehmung. Auch Zeit ist sehr einfach messbar.

–         Vielfalt und Diversität, Austausch und Interaktion sind in der Wirtschaft, im sozialen und kulturellen Bereich genau so wichtig für Entwicklungen und Innovationen, wie sie wichtig für Umwelt und Evolution sind – bunt sind nicht nur Werbung und Konsum.

–         Und Konsum muss nicht nur Shopping und Verbrauch sein – Konsum ist auch der Genuss von gutem Essen, von Musik und Filmen und Literatur: Auch den kann man messen – in Wissen, in Gesundheit, in Zeit.

–         Wissen und Kreativität sind wichtige, unbegrenzte und erweiterbare Ressourcen einer freien und freiheitlichen Gesellschaft – Geld ist dafür nur eine von vielen Maßeinheiten.

In allen diesen Bereichen ist das Wachstumspotential riesig – und der Wohlfühlfaktor, der subjektive und individuelle Wohlstand, effektive Lebensqualität sind gar nicht so schwierig zu erreichen; wenn wir sie wahrnehmen, sie auch politisch und ökonomisch anerkennen – sie möglich machen und wirken lassen.

Deshalb bin ich für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung in Wirtschaft und Gesellschaft, für soziale und ökologische Kennzahlen, für soziale und kulturelle Parameter bei der Bemessung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Erfolge und Entwicklungen.

… und dazu gibt es natürlich noch ein paar mehr Projekte, die mir am Herzen liegen:


(m)ein Sommerinterview

In Medien, Politik, wörtlich!, Werner on 23. August 2012 at 22:05

Politik und Medien nehmen sich vielleicht gegenseitig zu wichtig und zu ernst, denke ich manchmal – und unterschätzen dabei oft die Macht des Faktischen: (m)ein Sommerinterview mit Calvani zu Klischees, Überraschungen … und dem ganzen Apparat.

„Kulturinfarkt“ oder „Denkinfarkt“ ? – Ein Streit, der sich lohnt

In Ideenwirtschaft, Kunst, Politik, Stadt on 18. März 2012 at 12:30

Ich verstehe die Aufregung immer noch nicht (ganz): Vier ältere Herren schreiben im Spiegel nicht, dass sie „desubventionieren“ wollen, dass „die Hälfte“ weg soll, sondern regen durch Umwidmung von 2 von 10 Milliarden Euro deutscher Kulturfinanzierung 1. Konzentration und 2. Innovationsförderung an. Kann man da nicht drüber diskutieren, ohne dass es „Freiheitsberaubung“ aus allen Röhren schallert? Ja, ihre Markt-Produkt-Rhetorik klingt hart und für mich auch schon wieder gestrig: Aber ersetzt man diese Instant-Formeln mal durch Aufgabe/Funktion/Wirkung, meinetwegen auch Qualität, eben: „Gestaltungskraft“ und setzt die in einen gesellschaftlichen, politischen Zusammenhang, dann kann daraus doch was werden? „Erfolg“ kann auch gesellschaftlich sein. Kunst muss nicht „nützen“, aber darf sie nicht auch „nützen“?

Eine tiefe Debatte über die (Ent)Institutionalisierung und (Ent)Musealisierung der Kultur(en) und ihrer gesellschaftlichen Funktionen und Aufgaben finde ich ebenso wichtig wie Kritik an ihrer Ökonomisierung – wobei ich in „realpolitischen Aufgaben“ noch kein grundsätzliches Zeichen für Ökonomisierung sehe, sondern auch für die Empathie, Kompetenz, Wirksamkeit, Zuständig- und Widerständigkeit von Kunst und Kultur.

„Weitblick“ als „unternehmerische Tugend“ zu bezeichnen (wie Niklas Maak in der FAZ eine Schule zitiert, die mit der Debatte höchstens auf symptomatischer Ebene zu tun hat), ist eine Frechheit – aber darum Weitblick abzulehnen, ist Blödsinn: „Weitblick“ ist auch eine künstlerische, auch eine politische Tugend. Und was daran eine „Ökonomisierung des Denkens“, wenn man für Kunst in der Schule ist? Weil „marktorientiertes Denken“ die Sprache „verwüstet“ hat (und wie die Diskussion zeit: wohl auch ihr Verstehen), sprechen und diskutieren wir lieber nicht mehr, sondern schreien nach „Freiheit“? Wir? Hier? Unheimlich.

 

Einer der Autoren des „Kulturinfarkt“ im Deutschlandradio-Interview: „Baut den Apparat um!“

 

Ein nüchterner Blick auf die Entwicklung der Kulturetats und der Kultureinrichtungen in den vergangenen 2,3 Jahrzehnten und kritische Fragen nach der Richtigkeit der Institutionalisierung von allem und jedem sind wichtig.
– Kulturentwicklung muss – neben der Förderung von Kreativität – auch eine Schaffung von Strukturen zeitgenössischer Künste und Kulturen sein; und die finden heute zu nicht unerheblichen Teilen auch im Internet statt, in der Popkultur und im Stadtleben. Das bildet sich in der Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Medienpolitik ja durchaus auch deutlich ab – ob Kunstpolitik als relativ neue Querschnittsaufgabe sich da mehr einmischen müsste, kann man diskutieren. Dass sie die Entwicklungen – wie Kunst und Künstler selbst – scharf und klar wahrnehmen muss, ist notwendig und selbstverständlich! Die Innovationen und Impulse jedenfalls kommen aus den Kellern, von der Straße, aus der Technik oft – und aus dem Ausland.
– Die Kulturfinanzierung – und die für Kultur verfügbaren Mittel und auch Aufträge, nicht nur im Rahmen der Kulturförderung – sind in den vergangenen Jahrzehnten so deutlich gestiegen, wie sich die Szenen verbreitert haben. Es ist bemerkenswert und gut, dass sich Innovationsförderung, stadtentwicklerische Maßnahmen, Kultur als Inklusions- und Bildungsangelegenheit auch aus anderen Etats speisen, dass Kultur auch als Wirtschaftsbranche wahrgenommen und befördert wird, auch Künstler über ihre Angebote an die Gesellschaft als „Produkte“ nachdenken können. Ideen und ihre Gestaltung und Durchführung selbstbewusst so zu nennen und zu nutzen, ist nicht verwerflich, sondern ein legitimes Interesse, dass für die Musik-, Buch-, Film-, Medien- und Kunstmärkte auch niemand problematisch findet.
– Klassische staatliche Kulturförderung führt viel zu grundsätzlich geradewegs in die Institutionalisierung von Initiativen und Einrichtungen – oder macht sie gar zur Voraussetzung. Das führt insgesamt zu einer Musealisierung der (in Etats und Stein) sichtbaren und gebauten Kulturlandschaft. Wo das kulturelle Gedächtnis gesichert, Schaffen dokumentiert und so Maßstäbe gehalten werden, ist das wichtig. Eine Fokussierung auf den Bestand und sein allzeit dauerhaftes Bestehen, die Verstrickung von Impulsen in institutionalisierte „Sicherheit“ aber koppelt Kulturentwicklung allzuoft von den wirklichen, wesentlichen, gesellschaftlich relevanten kulturellen Veränderungen und Umbrüchen ab.

Kulturentwicklung, Kulturfinanzierung und Kulturförderung sind verschiedene und gleichberechtigte Aufgaben von Kulturpolitik. Den Kultursektor als subventionierten Arbeitsmarkt zu behandeln, greift zu kurz. Wie die dafür zuständigen Kulturressorts in Deutschland zugeschnitten sind, ist aber immer noch sehr zufällig aus politischen, machttaktischen Beweggründen verteilt: Mal gehören sie zum Regierungschef wie in Bremen und Berlin, mal gehören sie mit Wissenschaft oder/und Bildung zusammen, mal mit Wirtschaft, auch Inneres und Sport hatten wir ja schon. Hier gehört die Soziokultur dazu, dort ist die ganz klassisch Teil der Sozialarbeit, dafür rücken Kultur und Kreativwirtschaft oder Kunst und kulturelle Bildung zusammen. Diese Vielfalt muss wieder einen Sinn bekommen, ein Ziel.

Dazu passt nicht zuletzt:
Koalition der Freien Szene – Offener Brief an die Stadt Berlin – Online Petition.

 

„Das Buch verschenkt die Gelegenheit, einen Streit anzuzetteln, der sich lohnt. Die Ruhe und das phrasenreiche Einverständnis im Kulturpolitischen sind ja wirklich ein Grund zur Beunruhigung. So viel Stille und Konsens herrscht nur, wo große Konflikte und Probleme zugedeckt werden. Zu reden wäre endlich über eine Kultur des Aufhörens, des Endes auch von Kultureinrichtungen. Die immer gleichen Argumente gegen Theaterschließungen etwa – bringt wenig, schadet viel, ist banausisch – ändern nichts daran, dass viele Kommunen die Mittel für ihre Theater kaum aufbringen können. Ist der Bestandsschutz immer gerechtfertigt und die beste Lösung für die Bürger der Stadt?“
Jens Bisky in der Süddeutschen: „Der Kulturinfarkt“ – Lieber ein Streit, der sich lohnt

„Niemand wird ernsthaft behaupten, die üppigen Subventionen für Theater, Opern und Museen führten ausnahmslos zu kulturellen Höchstleistungen. (…) Kaum jemand außer Klaus Wowereit, der sie plante, wird begründen können, warum Berlin noch eine neue Kunsthalle braucht, wo man dort schon vier unterfinanzierte Quasi-Kunsthallen betreibt. Natürlich fragt man sich angesichts der uniformisierten großen staatlichen Ausstellungshallen, die die altbekannten Hits der klassischen bis neueren Moderne in immer matteren Aufgüssen servieren, ob es nicht besser wäre, die zahlreichen kleinen, von Künstlern selbstorganisierten lokalen Ausstellungsorte zu fördern, an denen Gegenwartskunst viel besser gezeigt wird. Und niemand wird bestreiten, dass die Subventionsbürokratie viel zu behäbig ist und reformiert werden muss. (…) Aber all das reicht – eben weil es keine neuen Erkenntnisse sind und weil kaum jemand diesen Punkten widersprechen würde – noch nicht, um ein ganzes Buch zu füllen.“
Niklas Maak in der FAZ: „Der Denkinfarkt“

„Der Kulturbetrieb reagiert auf den Text bislang so, wie Throninhaber von je her auf Kritik reagieren: Sie wittern Majestätsbeleidigung! (…) Auf allen Wellen und aus allen Ecken des Kultur-Landes schallt es: “Verrat! Verrat! Verrat!”. Hätte es eines letzten Beweises für die Sprengkraft des Buches bedurft, wurde er heute erbracht: Bereits vier Tage nach dem Aufkommen des sperrigen und für den Boulevard gänzlich unsexyen Themas “Kulturförderung” landet die Debatte in der „Bild“-Zeitung – mit den erwartbaren Folgen für die öffentliche Wirkung wie das intellektuelle Niveau (…). Die vier Autoren schreiben in Buch (zur Erinnerung: einer”Polemik”) und Zeitschrift aber ganz unmissverständlich, dass die zahlenmäßige Halbierung der öffentlichen Kultur-Einrichtungen gar keine Halbierung der Ausgaben bedeute (…): Statt immer mehr Geld für das immer gleiche Kulturangebot auszugeben, solle mit dem gleichen Geld mehr Vielfalt in der Kulturlandschaft entstehen. (…) Dabei ist die Diskussion überfällig: In wohl keinem anderen politischen, ökonomischen oder gesellschaftlichen Sektor der Republik hat es in den letzten vierzig Jahren ein solches Wachstum von Institutionen und Mitteln gegeben.“
Der kulturpolitische Reporter: Die Kaste der Unantastbaren und der Kultur-Infarkt

 

Bild.de über den bayerischen „Kunstminister“ (so heißt er dort!): Wolfgang Heubisch (FDP) warnt vor „Kulturpolitik mit Rasenmäher“ – dann schon lieber mit der Gießkanne: „Welches Theaterensemble und welchen Musikschullehrer wollen sie denn nach Hause schicken?“

Kürzungen schmerzen und da darf man auch schreien – gerne noch viel mehr. Das tun ja andere Lobbyisten und Interessenvertreter und -haber auch.  Über einen Umbau muss man trotzdem immer weiter reden – und der hieße wohl auch nicht einfach nur „den Großen nehmen, den Kleinen geben“; da würden die Kleinen einfach ratzfatz groß und gewonnen an Kunst, Erkenntnis, Erbauung, Impulsen wäre (fast) nix. Denn es geht nicht um „klein“ oder „groß“ – es geht um Mobilität, um Temporarität, um Teilhabe, um Beziehungen.

Letztlich betrifft das Thema nicht nur die Kultur, sondern viele „gewachsene Strukturen“, „Trägerlandschaften“, Institutionen …

Bewerbung als Grüner, Vollbremer, Politiker

In Politik, Stadt, Werner on 27. November 2010 at 22:03

Liebe Freunde und Kollegen,

nach fast 25 Jahren Spagat und Pendeln zwischen Kunst und Journalismus will ich die dritte Ebene der guten Argumente, der bestmöglichen Ideen und der deutlichen Vermittlung erleben und beleben – und grüne Politik machen. Die Ermutigung durch grüne Freunde und den Landesvorstand, hier quer einzusteigen, freut mich riesig. Und die Intensität und Qualität der Arbeit am grünen Wahlprogramm hat mich überzeugt und inspiriert.

Meine Erfahrungen als überzeugter Freiberufler und Arbeitgeberwechsler, als Künstler, Projekt- und Organisationsentwickler, als Journalist und Öffentlichkeitsarbeiter, als Ausbilder und Vater möchte ich in Bremer Politik übersetzen und dazu vom Teilzeit- wieder zum Voll-Bremer werden. Ob (zuletzt) als freier Politikredakteur beim Berliner „Tagesspiegel“, als Ausbilder und Projektentwickler für die Bremer Schwankhalle, als Theaterregisseur oder als wirtschaftlich handelnder Programmmacher für Breminale und Sylter Meerkabarett: Meinen Tätigkeiten und meiner Bewerbung um einen grünen Listenplatz für die Bremer Bürgerschaftswahl 2011 liegen der feste Glaube an die Kraft des guten, besten Arguments und die Begeisterung für intensives Vermitteln zugrunde – und die Überzeugung und Lust, damit etwas zu bewirken.

In meinem Berufsleben ist der Wechsel von Arbeitsplätzen branchenüblich und sinnvoll. Meine wichtigsten Chefs und Förderer waren Frauen. Als Ausbilder lege ich viel Wert auf einen individuellen Weg der Auszubildenden. Kritik ist mir zum wichtigsten Werkzeug geworden: „Blattkritik“ bei der Zeitung, Kritik als Regisseur oder Redakteur nach einer Probe, Vorstellung oder Sendung, oder die klassische Veranstaltungskritik – in diesem Sinne will ich auch Politik, Gesellschafts-Kritik: nicht dagegen, sondern dafür, im Interesse von und an Menschen, an Inhalten und ihrer Zukunft, in kreativem Streit und Dialog. Ich beherrsche dieses Handwerk ganz gut – wach, sensibel und kreativ in die Welt zu blicken, um sie im Konkreten immer ein bisschen besser zu feilen: „Das Bessere ist der Feind des Guten!“ „Lasst Ideen zu Taten schrumpfen!“ Das ist auch realistische grüne Politik.

Gesellschaftliche Veränderungen – ob im Arbeitsmarkt oder in der Stadtentwicklung – müssen und können kreativ und offen angebahnt werden. Die vielen Parallelgesellschaften, in die unsere Gesellschaft sich splittet und die wenig voneinander wissen, müssen sich öfter treffen und berühren: Solidarität und Chancengleichheit entstehen ja nur gemeinsam. Was in Nachbarschaften, in guten Schulen und in guter Arbeit klappt, funktioniert am effektivsten über Sport, Kultur und – wenn man die nicht sowieso zur Kultur zählt – über Medienangebote. Wichtige Akteure und Partner dabei sind jenseits institutionalisierter Interessenvertretungen sich stetig wandelnde Communities und auch die Freizeitwirtschaft.

Gut vermittelt und inhaltlich gefüllt, schaffen Konsum- und Medienkompetenz, Freizeitfähigkeit und Naturerleben, Stadtleben und Umweltbewusstsein Teilhabe und Bildung, schärfen Sinne und Ziele. Eine „Politisierung“ von „Freizeit“ in diesem Sinne, in Richtung einer Gesellschaft, macht mir großen Spaß. Interdisziplinär, genre- und fachübergreifend interessieren mich dabei vor allem

– Stadtentwicklung

– gesellschaftliche Teilhabe und demokratische Beteiligung

– Kulturentwicklung, Bildungs- und Medienpolitik

– Freiberufler und Mikrowirtschaft

Was trägt konkret zum sozialen Gelingen, zur Lebens- und Beschäftigungsqualität in Bremen bei? An dieser Frage müssen sich nicht nur Schulen, sondern auch die Handelskammer messen lassen. Aber auch Kultureinrichtungen, Medien und Stadtplaner. Wir brauchen eine Verbindung der über die Senatsressorts verteilten kulturellen Themen, Ansprüche und Förderungen – und mehr inhaltliche Kommunikation der Einrichtungen, wo es zu oft nur um Kosten geht.

– Die Überseestadt muss mit einer gesellschaftlichen, kulturellen Vision „gefüllt“ werden.

– Bibliotheken müssen selbstverständlich gerade am Wochenende geöffnet sein.

– Kulturelle Bildung braucht kluge Elternpolitik, klare eigene Förderformate – und bessere Zugänge.

Ich will, dass in Bremen 20-Jährige eine Geschäftsidee, ein Kulturprojekt, eine politische Initiative gründen und starten können, ohne dass Zugangsvoraussetzung in die „boomende“ Kreativwirtschaft die Möglichkeit zu jahrelanger Selbstausbeutung ist.

Die Entwicklung nachhaltiger Ideen, nachhaltiges Handeln sind wichtiger als zunehmende Institutionalisierung.

„Kultur“ also ist für mich nicht nur (aber auch) die Produktion und Präsentation von Kunst. Vor hundert Jahren waren Zeitung und Theater mal fast eins: tagesaktuelles, politisches und populäres Medium. Diese Rolle hat später das Fernsehen übernommen, heute das Internet. Aber Kultur (und Kunst) können Stadt und Gesellschaft prägen:

– Das vor 20 Jahren im Kulturzentrum Lagerhaus erfundene Car-Sharing oder die zeitgenössische private Bildungseinrichtung Universum Science Center sind florierende kommerzielle Unternehmen.

– Nicht zufällig sind der „Klub Dialog“ und die „Zwischen Zeit Zentrale“ als vielleicht wichtigste Innovationen für die Stadtkultur in Obhut der Ressorts für Wirtschaft, Finanzen und für Stadtentwicklung entstanden.

An einer herausfordernden, impulsgebenden „Unternehmenskultur“ Bremens müssen starke, gestaltende Ressorts wie Stadtentwicklung, Bildung oder Wirtschaft, müssen Bürger und Bürgerschaft Anteil nehmen!

Ich freue mich drauf, das auszuprobieren – und über jeden, der mich dabei  unterstützt: Mit Auseinandersetzung, Hinweisen und Fragen, mit Vertrauen, Euren Stimmen und Weitersagen.

kulturpolitische Bilanz 2007-11

In Politik on 23. Oktober 2010 at 22:01

Mein Beitrag für den Weser-Kurier v.23.10.2010
zu einer Sammlung von Bilanzen der Kulturpolitik von Jens Böhrnsen und Carmen Emigholz 2007-2011

(Die gefetteten Passagen wurden für die Zeitung redaktionell gekürzt.)

Die Sammlung aller Beiträge online:
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Kultur/251874/Bestandsaufnahme+fuer+Jens+Boehrnsen.html

Kultursenator Jens Böhrnsen tritt jenseits repräsentativer Auftritte (erstaunlich treu etwa zu Seebühnenevents und Stadtmusikantenpreisen) so selten selbst in Erscheinung, dass der Anteil seiner Staatsrätin Carmen Emigholz an der kulturellen Entwicklung in Bremen weit größer scheint. Die hat die brachen Baustellen des vorhergehenden Kultursenators Jörg Kastendiek (CDU) immerhin wieder belebt: Filmbüro, Gerhard Marcks Haus, Shakespeare Company, Schwankhalle, Bremer Theater, Kammerphilharmonie, Breminale und wohl auch die Weserburg konnten so Vorstellungen für ihre Zukunft und Selbstbewusstsein entwickeln – das ist von unschätzbarem Wert!

Das ewig durch die Stadt unkende Drama der Theaterintendanz Frey wurde vom Bürgermeister aber viel zu zögerlich angegangen, lähmte das kulturpolitische Geschehen auf Jahre und schmälerte Image und finanziellen Spielräume für Kultur dramatisch.

Im Schatten des Bürgermeisteramts wurden Schließungen verhindert – aber kaum Neuerungen realisiert. Das Kino 46 dümpelt weiter in Walle, Waldautheater und Schnürschuh und Theaterlabor werden irgendwie geduldet und wohl auch ein bisschen alimentiert. Aber die Bibliotheken bleiben absurderweise am Wochenende geschlossen, für die Überseestadt gibt es kein schlüssiges Kulturkonzept, die Arbeit der viel gelobten und erfolgreichen ressorteigenen Jugend-Kunst-Nachwuchs-Stiftung START endete laut eigener Homepage sang- und klanglos wohl irgendwann 2008, viele Potentiale haben quasi Wachstumsverbot. Die Förderung der Kreativwirtschaft beschränkt sich oft auf deren – offenbar mühsame – Selbstkenntlichmachung, und die übernehmen private Initiativen, die WFB oder das Medienreferat der Senatskanzlei. Kultur als Imagefaktor verschwimmt und versandet zusehends in den Händen der fusionierten WFB und der Bremer Touristik-Zentrale.

Eine Abstimmung und Vernetzung der verschiedenen Kulturförderungen (durch Wirtschaftsressort und WFB, über Bildung und Stadtentwicklung, für Film und Medien oder WIN-Projekte) findet jenseits undurchsichtiger technischer Finanzverteilungen von Seiten der Stadt inhaltlich kaum statt. Nichtstaatliche und nicht geförderte Bildungs- und Kultureinrichtungen werden am Diskurs kaum beteiligt. Relevante Neuerungen oder gar Gründungen macht das schwierig. Der „Klub Dialog“ und die „Zwischen Zeit Zentrale“ als vielleicht wichtigste Innovationen für die Kulturlandschaft sind dann auch in Obhaut des Wirtschafts- bzw. Stadtentwicklungsressorts entstanden.

Also: Es ist viel los in Bremen und viel im Gespräch, manches in Frage zu stellen und viel Neues zu wagen. Der Diskurs über echte Kulturentwicklung findet eher im Weser-Kurier als in der Kulturverwaltung oder zwischen den Kultureinrichtungen statt. Es wäre schön, wenn Carmen Emigholz’ neuer Umgang mit Künstlern (!) und Kulturakteuren in den nächsten Jahren frische Früchte trüge – dann vielleicht auch wieder verbunden mit einem starken gestaltenden Ressort wie Stadtentwicklung, Bildung oder Wirtschaft?!

Gründen, Spielen, Zeigen, Streiten – neue Aufgaben für eine zeitgemäße Kultur(politik)

In Politik, Stadt on 20. August 2010 at 18:39

Gastbeitrag für den Weser-Kurier im August 2010:

Immer mehr Menschen genießen, nutzen, kaufen und bezahlen Kultur – die Unterhaltungsbranchen von Buch bis Kino boomen, die Bildende Kunst sowieso, die Kreativwirtschaft wächst, die Freizeit wird immer mehr in unserer Gesellschaft. Die Sinnsuche lebt auf. „Die Krise“ hat das nicht geändert. Aber sie hat eine neue Runde der Infragestellung, der Legitimation aller staatlichen Ausgaben und Aufgaben provoziert. Das ist politisch so gewollt und so inszeniert – denn Politik „passiert“ nicht als Naturereignis oder Schicksal. Und darin liegen große Chancen.

Denn Kunst, Kultur und ihre Akteure können spüren, zeigen und erklären, …

–       dass und wie neue Arbeit und alternative Beschäftigung aussehen könnten.

–       dass und wie Teilhabe und Bürgerbeteiligung mehr sein können als Townhall-Hearings einer- und populistisch partikulare Bürgerinitiativen andererseits.

–       dass und wie sich Stadtleben gesellschaftlich konkret gestalten lässt.

Fragend, lernend, streitend, suchend, entscheidend – und dann auch im Tun und Machen der nahen Zukunft! An diesen Aufgaben – und vielen mehr in Bildung, Wirtschaft und Gesundheitswesen, in der rasanten Entwicklung neuer (und alter!) Medien, in Bildung und Forschung und Entwicklung – kann Kultur sich beweisen. Da darf und muss sie sich gestaltend einbringen und aufdrängen: Mit Ideen und Spaß, Lust und Schrecken, Konzentration und Genussmitteln um Aufmerksamkeit heischen, um Ausdruck ringen, um Applaus und Zustimmung kämpfen. Und all das selbstverständlich leben und lehren. In Bildern, in Worten, in Tönen, in Gedanken und in Bewegung.

Mag sein, dass „die Politik“, wie Renate Heitmann in dieser Zeitung geschrieben hat, die Probleme der Kultureinrichtungen simplifiziert. Aber als Einrichtungsleiter und als Künstler simplifizieren wir uns selbst, wenn wir unsere politische Existenz ausschließlich über (knappe) Finanzen, „gute“ oder „schlechte“ Quoten, über „Auslastung“, über Kennzahlen für Wirkung und Erfolg definieren. Wer sich diesem von Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz kritisierten Controlling- und Zahlenfetischismus hingibt, versinkt darin. Zu Recht, wie Axel Brüggemann im Weser-Kurier geschrieben hat: „Theater die gefallen wollen statt zu provozieren, sind gesellschaftlich irrelevant geworden.“ Unsere Währung sind Impulse.

Zum Provozieren und Entwickeln aber braucht es – neben Geld – auch Zeit und Energie. Wie viel Zeit dafür wäre, wenn wir uns einen Tag pro Woche, eine Woche im Monat, zwei Monate im Jahr NICHT mit „den Problemen der Einrichtungen“ beschäftigen würden! Wie viel Energie für gesellschaftlich relevante Inspirationen und Impulse hätten wir, wenn wir sie nicht in Rechtfertigungsdauerschleifen und Begründungszusammenhängen vergeuden müssten.

Mit Haushalts- und Zuwendungsrecht lässt sich vermutlich jede Kunstform, jede (zumal neue) Idee, jeder Inhalt verhindern, verbieten, angreifen. Gehen wir also mal davon aus, dass unsere Politiker das nicht wollen, so lange sie es nicht tun – und widersetzen uns dem vorauseilenden Gehorsam des inneren Sachbearbeiters. Das könnte uns wichtige Freiheit wiedergeben – Zeit, Kraft und Geld für den Kampf um die besseren Ideen, mehr Qualität, größere Wirkung.

Wir – Kunst und Kultur und ihre Akteure und ihre Förderer – dürften realisieren, dass Institutionalisierung, Besitzstandswahrung und Schematisierung nicht geradewegs ins berufliche und künstlerische Glück führen. Vielleicht sind „Zeiten wie diese“ tatsächlich keine Hochzeiten des Stadttheaters, das sich zwischen Tarifverträgen, Repräsentationsaufgaben und einem „Anspruch auf Unterhaltung“ verheddert hat – also fast überholten Parametern. Der Regisseur Peter Konwitschny zitierte an dieser Stelle Stephen Hawkins: Intelligenz könne nur in einem sich ausdehnenden Kosmos entstehen. Freie Kultur- und Ideenwirtschaft immerhin wachsen ja. Doch sind die „Kraftwerke“ und „Kristallisationspunkte“ der Kulturlandschaft, „kreative Keimzellen“ zur Förderung von Querdenke(r)n (schreibt Brüggemann), nicht mehr die institutionalisierten Kolosse – eher schon das Internet und die analogen Klubs und Netzwerke. Dass das Publikum weniger feste „Einrichtungen“ aufsucht und dafür temporären, nicht weniger ernsthaften und intelligenten, Kunsterlebnissen zuneigt, das ist keine Bedrohung, sondern eine Erkenntnis.

Der Klassenkampf zwischen Ernst und Event, sozial(demokratisch) oder (neo)liberal, Kunst und Kommerz, konservativ oder innovativ ist überholt. Was können Künstler und kulturelle Akteure als sprechfähige und ausdrucksstarke „Avantgarde des Prekariats“, wie es die Kulturwissenschaftlerin Adrienne Goehler nennt, ihrer Gesellschaft mitteilen? Und warum tun sie das so selten? Wie stehen Bremer Kulturschaffende zum Mindestlohn, als dessen Vorkämpfer sich ihr Bürgermeister und Kultursenator gibt? Wie zu einem bedingungslosen Grundeinkommen? Wie zu Temporarität und Teilung (Sharing) – von Räumen, Arbeit, Eigentum – als gesellschaftlichen Prinzipien, zu Entwicklung als Ziel?

Oder kulturpolitisch konkreter: Wie schließen? Was ist überflüssig? Arbeitshypothese: Mehr als eine „Seebühne“. Aber auch: Wie gründen? Wie eröffnen? Was fehlt noch? Mindestens jedes Jahr eine relevante Gründung. Das müssen wieder wesentliche Fragen von Kulturpolitik werden. Kunst darf temporär sein, zu Ende gehen, ein Ende haben. Die Schlusspointe, ein dramatisches Finale oder ein Happy End gehören doch zu einer guten Idee, einer zwingenden Geschichte – und infizieren mit der Sehnsucht nach mehr. Es muss nicht alles in Institutionalisierung, Musealisierung und Lebenswerk enden.

Darüber muss gestritten werden, in kreativer, professioneller Konkurrenz. Es geht auch um Verantwortung, um Motivation. Es geht um Ideenmanagement, Innovationsimpulse, Lust auf morgen – und weiter. Denn Schweigen ist nur Silber, „in Zeiten wie diesen“.

Carsten Werner ist freier Kurator und Redakteur von Breminale übers Sylter Meerkabarett bis zum Tagesspiegel, und Projektentwickler für die Bremer Schwankhalle.

Nach den Clowns

In Politik, Stadt on 27. Mai 2007 at 01:27
Was nach sechs kabarettreifen Kultursenatoren von Kahrs bis Kastendiek kommen kann – und warum auch Szene und Einrichtungen für eine neue Politik verantwortlich sind

Ein neuer Senat macht noch keine neue Kulturlandschaft. Es gibt in Bremen eine Kulturverwaltung, die vor langer Zeit mal eine richtig gute Zeit hatte – mit damals neuen Ideen einer Kultur für alle – und die sich einer Neusortierung beharrlich entgegenstemmt. Es gibt Einrichtungen, die große Probleme – aus Not – mit kleinen Finanzspritzen angehen, die „Projektförderung“ genannt werden. Und Bremen bildet zwar Tausende Studenten in den Kulturwissenschaften, junge Menschen als Kulturmanager, Veranstaltungskaufleute, Designer, IT-Spezialisten und Künstler aus – aber alle verlassen die Stadt spätestens nach den ersten beruflichen Schritten, zuletzt fliehen sie geradezu panisch.

Dass mit einigen Ideen, verhältnismäßig wenig Geld und klaren Formen zur Ausschreibung, Jurierung und Realisation von Projekten die „digitale Boheme“, junge Künstler und eine innovative „Ideenwirtschaft“ recht schnell an die Weser zu locken oder ein paar Jahre zu halten sind, hat Bremens Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas gezeigt. Sie sind aber auch schnell wieder weg, wenn sie sich verarscht fühlen.

Förderung ist nicht alles

Deshalb braucht Bremen vor allem Möglichkeiten der Projektentwicklung – nachhaltig und verbindlich. Da Arbeitsbiografien nicht stringent verlaufen, lebenslanges Lernen zum Muss geworden ist und moderne Stadtentwicklung ohne kulturellen Motor nicht auskommt, muss eine den Lebens- und Arbeitswelten entsprechende Projektarbeit institutionalisiert werden – nicht im Sinne des Bewahrens von Erbhöfen, Lebensträumen und Subventionsansprüchen, sondern im Sinn einer so zuverlässigen wie durchlässigen Betreuung und Finanzierung durch den Staat, im transparenten Wettbewerb zeitgemäßer Ideen, Aufgaben und Anliegen.

Wenn die Grünen jetzt die „kreative Stadt“ proklamieren und die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz, „endlich wieder über Ideen sprechen“ will „und dann über Umsetzungsmöglichkeiten“ – das klingt nach neuen Chancen für eine Kulturpolitik auf Augenhöhe mit Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung. „Der Pudding aber erweist sich beim Essen“, wie Klaus Pierwoß so schöne Versprechungen regelmäßig schön kommentiert. Dazu braucht es neben frischen Zutaten, liebevoller und kompetenter Zubereitung ja auch noch Appetit. Und Geschmack.

Kompetenz liegt brach

Konkret ist immer stressig: Braucht die Welt die teure (und ohnehin nur temporäre) Musealisierung von Gebrauchskunst und ihren Nebenprodukten, wie sie etwa das Designzentrum und die Günter-Grass-Stiftung betreiben? Muss jede Off-Truppe auf immerdar ihr eigenes „Haus“ bekommen und bestellen, muss jede Idee konserviert und also auf Jahrzehnte „durchgerechnet“ werden? Glaubt wirklich noch jemand mit politischem Sinn und künstlerischem Verstand, das Kulturchaos in Bremen-Nord würde durch technokratisch oktruierte „Strukturen“ beherrschbar? Warum da nicht mit zeitgenössischen Ideen, Forschung und Recherche vor Ort ganz neu starten – gerade weil das neue Kräfte statt der vielfältig gescheiterten fordert? Die Bremer Investitions Gesellschaft (BIG) kann das ganze Gelände des Güterbahnhofs zwischen Hauptbahnhof und Walle für eine kulturelle Nutzung anbieten – Raum auf Jahre oder Jahrzehnte für temporäre Architektur, künstlerische Existenzgründungen und manches Event. Vielleicht auch für die Breminale oder ein Nachfolgeformat. Kann die ewige Baustelle Schwankhalle nicht konsequent zur Dauerbaustelle „Stadtwerkstatt“ werden und mit immer neuen Ideen der Sorge begegnen, sie „gehöre“ wem?

Die Kulturverwaltung braucht interdisziplinär aktionsfähige Mitarbeiter und Referate. Dazu Kompetenz endlich auch für immer noch so genannte „neue Medien“ und für die Kulturvermittlung in allen Schichten der Gesellschaft. Apropos: Muss sich (Kultur-)Politik nicht endlich auch wieder der Medien der Stadt annehmen?

Die Kulturstadt braucht Institutionen zur Bewahrung des kulturellen Erbes wie zur Bildung des künstlerischen Nachwuchses. Fehlendes Geld führt zur Insolvenz und auch Konten von Freiberuflern sind hinterm Dispokredit zu Ende. Soviel ist klar. Aber Kultur ist nicht beherrschbar. Sie lebt von Ideen, immer neuen. Nur darum kann sie Stadtentwicklung leisten. Wenn Politik den Spagat leisten will, muss Kultur ihn mitmachen: Die Förderung von Ideen darf nicht zur Institutionalisierung oder zum Löcherstopfen missbraucht werden. „Sich ehrlich machen“ hat sowas mal der Chef des rot-grünen „Projektes“ im Bund genannt.

Carsten Werner

„Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird verschüttet, und die Schläuche verderben.“
Lukas 5, 37

bremen erleben: Kulturstadt im Aus.

In Medien, Politik, Stadt on 1. Mai 2005 at 15:00

Eine Rede
zum Scheitern der Bremer Kulturhauptstadt-Bewerbung
und dem Umgang der Bremer damit

Bremen erleben: Wir erleben in den letzten Wochen
– auf der einen Seite: die intensive Arbeit an dem Versuch, möglichst viel von der Dynamik der Kulturentwicklung, möglichst viel Substanz der mit großem Aufwand gegründeten Projekte zu bewahren und weiter zu entwickeln, die von Martin Heller und seinem Team motiviert wurden. Vor allem wurden ja auch viele Akteure anderer Bereiche zu einer inspirierenden, kontroversen Auseinandersetzung mit dem Stadtleben motiviert: Stadtplaner, Wissenschaftler, Medienmacher, Freiberufler, Dienstleister, der Handel, die Taxifahrer. Martin Heller & Co. haben geschafft, was dieser kläglich gescheiterten, „großen“ Koalition seit über einem Jahrzehnt nicht gelingt: Positiven Aufbruch zu inszenieren, selbstbewusstes Bremischsein mit einem Blick in die Welt hinaus.

Wir erleben in den letzten Tagen, andererseits: Mediales Raunen über teure Parties und Feste, über Unsummen für Wasserköpfe – „informierte Kreise“, besorgte Anonymas nutzen die Medien als Lautsprecher für Attacken auf die Freiheit und die Entwicklung der Kultur.
KulturpolitikerInnen spielen Verwaltung, jagen durch konzeptionsloses Gefuchtel, durch planloses Vertagen wichtigster Entscheidungen Kulturbetriebe und Selbständige in den Ruin. Ein Kultursenator stammelt in vorauseilendem Gehorsam seine Absage an seine bisherige Lichtgestalt Martin Heller. Gloysteins Partei- und Senatskollegen beharren dagegen, der Senat habe noch gar nichts entschieden! Und nun ist Gloystein also auf der „Suche nach einer neuen Dynamik“!

Hallo? Guten Morgen, alter Senator: Die Dynamik ist schon da, die war schon vor Ihnen erwacht!

Es sei „zum Beispiel auch denkbar, über Projekte neue Dynamik in die Kulturlandschaft zu bekommen“, meint derselbe Politiker, der vor vier Wochen in der Schwankhalle in aufwändigen Wortkaskaden große Versprechen von zu erhaltender (!) Dynamik, „gesicherten“ Etats und dem Bleiben von Martin Heller in und für Bremen gestammelt hat: „Das kommt, das … Dings …!“ – Er meinte den Kulturinvestitionsfonds für das laufende Jahr – und ausdrücklich „einen Großteil“ der für die „Kulturstadt Bremen“ eingeplanten Investitionsmittel für die kommenden fünf Jahre.

Neueste Masche unter Bremer Kulturpolitikern ist die Rede von einer „Umsteuerung der Kulturförderung“ – hin zu einer nicht näher definierten „Projektförderung“ der „Brutstätten und Besessenen“. Und „nachhaltig“ soll das alles sein! Der in weiten Teilen von Martin Heller abgekupferte „Masterplan“ (Nummer drei oder vier) ist dazu noch in der Mache. Die Projekte sind schon da, haben ihre Arbeit begonnen. Doch gleichzeitig fahren jede Woche ein paar dieser gelobten und gepreisten „Projekte“ an die Wand: Die klassische Projektförderung mit Wettmitteln ist seit fünf Monaten vom Finanzsenator gesperrt. Eine zweite Tranche des Kulturinvestitionsfonds – das große, wichtige, neue Förderinstrument der Stadt – ist von SPD und CDU politisch auf Eis gelegt worden. Kulturgelder der Bremen Marketing GmbH wurden erheblich gekürzt. Immense Sponsorengelder liegen auf Eis, so lange die Stadt nicht agiert. „Personalkompensationsmittel“, mit denen weggefallene Stellen ersetzt werden sollen, sind ebenfalls gesperrt. Der zuständige Kultursenator erklärt sich schamlos für „handlungsunfähig“. Damit sind für freie Projekte – und die Menschen, die sie produzieren: Selbständige, Freiberufler, freie Künstler, Kuratoren, Journalisten und Dienstleister – die Bedingungen nicht nur schlechter geworden in Bremen: Sie existieren gar nicht mehr.

CDU-Staatsrätin Motschmann, SPD-Sprecherin Emigholz und CDU-Sprecher Schrörs haben am vergangenen Freitag in der Schwankhalle einmütig noch einmal erschreckend deutlich gemacht, dass sich an dieser Situation nichts ändern wird: Sie haben kein Konzept, keinen Zeitplan, kein Verständnis, kein Interesse an Kulturentwicklung. Stattdessen haben sie ihr mühsames Geschäft bejammert, das – so Emigholz – „nicht so sexy wie Projekte entwickeln“ sei und ideenlos an die Kulturszene appelliert: „Warten Sie doch, was für die Projekte übrigbleibt“ (Schrörs). Die große Koalition hat fertig.

Aber vorher wird die Kunst Bremen verlassen haben: Diverse Leitungsposten sind ja jetzt schon unbesetzt – von der Glocke übers Musicaltheater und das Museum Weserburg, das Waldau Theater, den gesamten Bremer Norden, bis (demnächst) zum Bremer Theater oder der Schwankhalle. Vielleicht kommen die Genossen Emigholz und Scherf dann ans glückliche Ende ihrer Laufbahnen: Beamtete Generalintendanten der Vereinigten Kleinstädtischen Kulturbetriebe Bremens.

Es liegt in der Natur der Sache, dass auch das Projekt „Kulturstadt Bremen“, seine Kriterien und Verfahren entwicklungsfähig wären. Martin Heller hat die neuen Strukturen als provisorisch bezeichnet. Man kann und muss sie verbessern – das ist für Veranstalter und Produzenten von Kultur Alltagsgeschäft. Eine sinnvolle Kulturentwicklung muss auch nicht unbedingt zum „Festival“ designed werden. Doch Abwarten und immer wieder „Abstimmungsbedarf“ sind keine Motoren kreativer Entwicklungen.

Warum sollten genau die Akteure, die über zehn Jahre nicht einmal die Kultur/verwaltung/ reformiert bekommen, vorliegende Fördermodelle weder bearbeiten noch umsetzen – warum sollten gerade die nun die ganze Kultur/szene/ organisieren können?

Einen seriösen Umgang mit Konzepten haben Bremens Politiker offenbar nie gelernt. Ein seriöser Umgang mit den ihnen anvertrauten oder von ihnen selbst engagierten Menschen ist augenscheinlich auch nicht zu erwarten.

Wenn zu beweisen war, dass Bremen den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ nicht verdient – es ist jetzt vollbracht. Künstler und Macher, Existenzgründer, Dienstleister fliehen aus der Stadt mit den niedrigsten Pro-Kopf-Zuschüssen aller Bewerber: Die Menschen suchen sich – im freien Wettbewerb der Ideen und Bedingungen – neue Felder, andere Netzwerke, bessere Städte. Darin sind sie geübt und das müssen sie tun – weil ihre Existenz auf dem Spiel steht. Und bessere Städte als Bremen, das darf man nach dem Bewerbungs-Aus ja wieder sagen: die gibt es. In ganz Europa. Bremen hat daraus nichts gelernt.

Senator Gloystein hat nun eine „Neuorientierung“ angekündigt. Die eigene?

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